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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 2.1989
Seite: 68
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0070
tet nicht zu Unrecht, Ulrich entstamme einem thurgauischen Ministerialengeschlecht, dessen
Dienstherren dieToggenburger waren.1"' welche ihrerseits offensichtlich literarische
Kontakte pflegten14' und somit widerspruchsfrei in seine Überlegungen paßten. Im Jahre
1205 sei sogar ein Konrad von Zatzikhoven bezeugt, der für Philipp von Schwaben Urkunde
.15' Beziehungen zum Stauferhof seien also belegbar. Aus dem Werk Ulrichs gehe
hervor, daß der Autor eine Lateinschule besucht habe, ja er habe später dann als Notarius
eines fürstlichen Herrn selbst am kaiserlichen Hof geweilt und sei keineswegs ein weltfremder
Landpfarrer gewesen. Lommis imThurgau sei für den aus dem Hofdienst Ausgeschiedenen
vielleicht eine Art Altersauskommen gewesen. Jedenfalls könne an Ulrichs thur-
gauischer Herkunft nicht gezweifelt werden. Der Dichter lasse nur hier und da seine Gelehrsamkeit
durchblicken. Zwar gehöre der Lanzelet der vorhöfischen Ritterepik an, doch
habe Ulrich zumindest die Eneide Heinrichs von Veldeke gut gekannt. Der Lanzelet sei
mit dem Tristranf Eilharts von Oberge am besten zu vergleichen, dessen Bekanntschaft bei
Ulrich gleichfalls vorausgesetzt werden dürfe.

Daß Deneckes Versuch, den Autor des Lanzelet als Notarius eines fürstlichen Herrn am
Stauferhof zu etablieren, um auf diese Weise die Weitergabe des welschen buoches wahrscheinlich
zu machen, schon aus Gründen mangelnderVerifizierbarkeit scheitern mußte,
ergibt sich von selbst. Zu Recht befaßte sich wenige Jahre später dann Werner Richter eingehend
mit Deneckes Thesen und kritisierte besonders dessen einseitige Stellungnahme
zugunsten der Grafen von Toggenburg als Dienstherren der Zatzikhovener.16' Stattdessen
bot er eine zweite Möglichkeit an. wie Ulrich von Zatzikhoven Kontakte zum Stauferhof
geknüpft haben könnte. Als Alternative zu denToggenburgern, die um 1200, also zur Abfassungszeit
des Lanzelet, weniger gut bezeugt sind, schienen nun die Kiburger, die zur damaligen
Zeit imThurgau herrschten, besser ins Bild zu passen.17'Aber auch hier enttäuschten
die fehlenden Beziehungen zum Stauferhof. Richter holte nun weiter aus und untersuchte
die Klöster in der Nähe von Lommis in der Absicht, die in Frage stehenden Kontakte
nachweisen zu können. Nun rückte die Reichenau in den Mittelpunkt seines Interesses
. Richter zufolge hatte dieses Kloster nachweislich Rechte und Besitzungen in Zezikon
und Lommis. Als Abt der Reichenau urkundet Diethelm von Krenkingen in den Jahren
1169 bis 1206, der 1189 auch Bischof von Konstanz wurde. Sowohl Sankt Gallen als auch
die Reichenau und Lommis lagen aber in der Konstanzer Diözese. Abt Diethelm pflegte
enge Beziehungen zu Barbarossa und seinen Söhnen, mit Heinrich'VL, der Richard Löwe
nherz gefangenhielt, stand er sogar in einem persönlichen Verhältnis.18) Nach sorgfältigen
Untersuchungen kam Richter schließlich zu dem Ergebnis, Ulrich könnte über diesen
Abt Diethelm Zugang zu seiner Quelle für den Lanzelet gefunden haben, vielleicht habe
sogar ein kulturell interessierter Kreis existiert, dem auch die Grafen von Toggenburg angehört
hätten und durch diese auch der Leutpriester Ulrich, der demnach gar nicht selbst
am Stauferhof tätig gewesen sein müßte, sondern vielleicht zeitlebens in seiner Heimat gewirkt
hätte.

Ganz im Gegensatz zu den Darlegungen Deneckes beeindrucken Richters Überlegungen
zunächst durch ihre klare und sachliche Darstellung und ihren weitgehenden Verzicht
auf Konstruktion. Vor allem gelingt es ihm, den urkundlich belegten Ulrich von Zatzikhoven
dort zu belassen, wo er zur Abfassungszeit der bereits genannten Urkunde von 1214
wirklich historisch greifbar ist. Dennoch sei festgestellt, daß das entscheidende Moment in
der Fragestellung bezüglich der Herkunft und Identität des Autors Ulrich von Zatzikhoven
letztlich nicht in der Nachweisbarkeit von engen Kontakten zwischen den Dienstherren
der Ministerialen von Zezikon zum Stauferhof des ausgehenden 13. Jahrhunderts liegt.
Die Diskussion über Ulrich hat vielmehr bei seinem Herkunftsnamen und bei den Orten,
die diesen Namen im Mittelalter getragen haben, einzusetzen.

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