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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 2.1989
Seite: 95
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0097
Ich mietete daselbst ein kleines Schiff, fuhr im Rhein hinauf und hinab, stieg auf einer
noch zu teutschem Grund und Boden gehörigen Insel aus. schaute nach dem französischen
Ufer hin. und sogleich lief ein dort sich befindlicher Mann so geschwind als
möglich gegen das Dörfchen Schalampe. welches Neuenburg gegenüber liegt. Mein
Schiffer, der immer von einem Ufer zum anderen fährt und damit sein Brot verdient,
bat mich wegen seiner zurückzukehren. Er behauptete aus ähnlichen Vorfällen, die er
mir bei dieser Gelegenheit erzählte, daß man mich in Schalampe ganz gewiß für einen
Aristokraten halten werde, der das Ufer ecognosciere. und daß nun zuverlässig wenigstens
einige, wo nicht alle des in Schalampe befindlichen 10 Mann starken Commandos
an das Ufer eilen würden.

Der Argw ohn, um nicht zu sagen der Haß auf das reaktionäre Ausland, das die Emigranten
beherbergte und mit dem der eigene König gemeinsame Sache machte, gipfelte
am 20. April 1792 in der Kriegserklärung der Gesetzgebenden Versammlung an
Österreich. Im Juli trat auch Preußen in den Krieg ein. und die Versammlung erklärte
"das Vaterland in Gefahr". Für das exponierte Elsaß hatte diese Feststellung naturgemäß
eine besondere Gültigkeit. Deshalb wurden hier besondere Verteidigungsanstrengungen
unternommen und starke Truppenverbände zusammengezogen. (Es ist daran
zu erinnern, daß in diesem Zusammenhang die Marseillaise entstanden ist: Um Moral
und Kampfgeist seiner Kameraden anzufeuern, schrieb der in Straßburg stationierte
Hauptmann Rouget de Lisle ein "Kriegslied der Rheinarmee". Der Anteil, den das Elsaß
damit an nationaler Symbolik und Selbstbewußtsein des neuen Frankreich hat.
kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.) Das Jahr 1793 war besonders schwierig
. Zwar entsandte der Wohlfahrtsausschuß Saint-Just und Lebas ins Elsaß, damit sie
dort die levee en masse* organisierten. Dennoch gelang es den Österreichern unter
dem General Wurmser. einem aus dem Elsaß stammenden Adligen, im Oktober über
die Lauter vorzudringen. Zur gleichen Zeit nahmen die Preußen Fort-Louis bei Sesen-
heim ein: Hagenau wurde erstürmt. Als die Feinde von dem jugendlichen General
Hoche wieder aus dem Land getrieben wurden, zogen nahezu 50.000 Bew ohner des Elsasses
aus Angst vor französischen Repressalien mit ihnen, nicht nur "Aristokraten"
und eidverweigernde Priester, sondern auch Bauern und Handwerker. Diese "Große
Flucht" w ar eine Panikreaktion: denn in dieser zw eiten Hälfte des Jahres 1793 erreichte
die blutige Verfolgung von w irklichen oder vermeintlichen Gegnern der Revolution einen
Höhepunkt: Militärische Bedrohung von außen undTerror nach innen gehören in
der Französischen Revolution zusammen.

Ausgerechnet in dieser Phase großer äußerer Bedrohung und innerer Anspannung
versuchte ein anderer deutscher Geistlicher. Franz Xaver Bronner. im Elsaß Fuß zu fassen
. Vom Gedankengut der Aufklärung stark geprägt, war er seinem Kloster in Donauwörth
entflohen und nach mancherlei Irrw egen und Widrigkeiten im Sommer 1793 ein
zweites Mal nach Zürich gekommen. Von dort aus trat er in Kontakt mit Arbogast Martin
, dem konstitutionellen Bischof des Oberrhein-Departements in Colmar. Hier
herrschte akuter Personalmangel: denn die überwiegende Mehrzahl der elsässischen
Geistlichen stand in Gegnerschaft zur Revolution und verweigerte den Eid auf die Zivilverfassung
des Klerus. Deshalb stellten die regimetreuen Bischöfe in Colmar und
Straßburg auch ausländische Priester ein. wenn sie sich eindeutig zu Maßnahmen und
Zielen der Revolution bekannten. Auch Eulogius Schneider hatte ja 1791 als Bischofsvikar
in Straßburg Fuß gefaßt. Die gleiche Tätigkeit wurde Bronner in Colmar in Aussicht
gestellt, und so begab er sich im Dezember 1793 mit einem Züricher Paß nach Ba-

* das Massenaufgebot

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