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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 2.1989
Seite: 100
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0102
"das innige Liebe, heilsames Zutrauen, herzlichen Frohsinn unter alle Mitglieder lebhaft
verbreitet." Darin sah er das kräftigste Mittel, wodurch die Regierung den wahren
republikanischen Geist immer vollkommener ausbilden könne. Sogar Einzelheiten des
Programms stehen vor seinem geistigen Auge: Durch kurze, angemessene, geistvolle
Reden würden die Vertreter der Regierung den Enthusiasmus der versammelten Menschen
entzünden, patriotische Lieder würden dann diese Empfindung laut werden lassen
. - Nun, bei so viel bildungsbürgerlicher Einbildungskraft und Herzensergießung
konnte die Enttäuschung gar nicht ausbleiben.

Schon das galt mir Abergläubischem für ein böses Vorzeichen, daß der erste Strasburger
, dem ich über das Fest sprach, eine unbegreifliche Gleichgültigkeit bewies.

Ich sagte meinem Friseur am Tage vorher, ich müßte ihn wohl sehr früh zu dem festlichen
Tage bestellen, um ihn nicht abzuhalten, dem Fest beizuwohnen.

"Welchem Fest?"

Welche Frage! Dem Fest der Souverainetät des Volkes. Ich bin bloß hergekommen,
der Feierlichkeit zuzusehen.

"Bah! wir sind der Feste so überdrüssig, daß wir keinen Schritt mehr darnach gehen
."

Ich gab ihm meine Verwunderung zu erkennen. Aber alle Mühe, ihm bestimmte Begriffe
beizubringen, waren vergebens.

Er blieb dabei, es sey ein frostiges Vergnügen. Ja er schwur, ich würde kein frohes Gesicht
sehen, etwa die ausgenommen, die sich ihrer Amtskleidung freueten, oder die ein
republikanisches Frühstück eingenommen hätten. Auf dem Abend vielleicht werde
man lustig seyn. wenn es Feuerwerk und Tanz gebe. Allein das gelte dem Vergnügen,
und man gebe der Souverainetät einen guten Tag.

Ein Freund stärkt seine Glauben wieder mit der Erklärung. Friseure gehörten eben
zu einer Klasse, die der Revolution mehr als andere unhold seien. Auch der Ablauf des
Festes selber birgt zunächst Tröstliches: "Eine treffliche militärische Musik stimmte das
Herz zu erhabenen Gefühlen. Die Corps der Nationalmiliz und der bürgerlichen Artillerie
hatten ein sehr gutes Ansehen." Durch die Gefälligkeit eines Munizipalbeamten
gelangt Eggers auf die Rednertribüne. Die Menge stimmt Lieder an. und er singt, fast
ohne es zu wollen, einige von den Strophen mit, die ihm in diesem Augenblick wie aus
dem Herzen geschrieben scheinen.

Aber wie ward mir, als ich nun meinen Blick in einer Pause auf die ziemlich große
Menge von Zuschauern senkte, die ich von dem Gerüst aus sehr gut übersehen konnte.
Alle waren still und ruhig - ja - aber die große Mehrheit kalt.

Kein "vive la republique" durchhallt die Luft, in den Gesichtern ist keine Spur von
Feuer. Später überlegt er. daß das Betragen der Regierung, ihr Unrecht und ihre Gewalttaten
, der Grund für diese Gleichgültigkeit sein müssen. Die nun folgende Rede,
eine Verlesung "der Frevel der englischen Regierung und der Päbste von den ältesten
Zeiten her", macht alles noch schlimmer. Der Menge wurde die Zeit lang. Murren erhob
sich, so daß der Redner schnell zum Ende zu kommen trachtete und so dem schon
verurteilten Papst manchen schweren Anklagepunkt ersparte.

Hielt wenigstens der Abend, was der Friseur versprochen hatte? Das Münster war erleuchtet
, einen prächtigeren Anblick hatte Eggers nie gesehen. Das Feuerwerk war vorzüglich
gut ausgeführt. Am meisten freute ihn die "Sittlichkeit" der großen Zuschauermenge
. "Jedermann schien vergnügt, keiner begieng irgend eine Ausschweifung."
Schon war er bereit, den gutenTon der Straßburger Volksklassen, "die wir bei uns noch
Pöbel nennen", überschwenglich zu loben - wäre da nicht der Tanz gewesen, der den
Tag beschloß.

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