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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 2.1989
Seite: 125
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0127
Oberrhein und Oberrheinisches
Eher kulturelle als politische Marginalien

Helmut Bender

Anlaß zu nachfolgenden Überlegungen war eine Einladung anläßlich der Verleihung des
Oberrheinischen Kulturpreises der Johann Wolfgang von Goethe-Stiftung zu Basel'" nach
Badenweiler. Darüber hinaus das bevorstehende Erscheinen meines Buches Zur badischen
Literatur'.2' In diesem Band gelangt u.a. auch eine Neubearbeitung des Essays 'Badische
Dichterreise'3' zum Abdruck. Zu dessen Vorgeschichte: man hatte mich seinerzeit gebeten,
sozusagen in Konkurrenz der 'Schwäbischen Dichterstraße'4' eine 'Oberrheinische Dichterstraße
' zu inszenieren, was ich nach etlichen Überlegungen und thematischen Recherchierungen
zurück in die NS-Jahre ablehnte bzw. aufs Badische reduzierte. Daß übrigens hierbei aus der
'Straße' eine Reise' wurde, hing vor allem damit zusammen, daß es rhein-. aber mehr noch
schwarzwald- und kraichgauwärts zuviel Nebenrouten gab, als daß man überhaupt an eine
bloße Zielgerade hätte denken können.

Geographisch gesehen, dürfte man bei der Definition 'Oberrhein' keinerlei Schwierigkeiten
haben. Hinterrhein - Hochrhein - Oberrhein - Mittelrhein - Niederrhein: das schließt sinngemäß
und einigermaßen nahtlos an. So etwa liegt unser Markgräflerland gewissermaßen im
Basler Rheinknie, es wird einerseits vom letzten Drittel Hoch- und andrerseits vom ersten
Viertel Oberrhein nach Süden bzw. nach Westen begrenzt.5' Doch dieser Oberrheinbegriff hat
es bei näherem Zusehen irgend in sich; vergleichen wir zunächst in politischer Hinsicht, ohne
freilich die Jahrhunderte der Neuzeit zu verlassen: der Hinterrhein eine schweizerische
Angelegenheit, der Hochrhein als Grenze zwischen Schweiz und Deutschland, der Oberrhein
zunehmend zur deutsch-französischen Grenze sich entwickelnd, der Mittelrhein in Deutschland
, der Niederrhein von Deutschland nach Holland führend.

Uns interessieren Hoch- und Oberrhein. und beide haben sie, aufs erste besehen, eine
verblüffende Parallele: beide führen sie ausschließlich durch deutsches Sprachgebiet. In
unserer engeren Region: beidseitig durchs Alemannische (und ab der Murglinie durchs
Fränkische). A priori waren die 'Oberrheinlande' - sieht man einmal von gemeinsamer
Besiedlung durch Kelten und germanische Völkerstämme ab - vor allem durch die Tatsache
des diesseitig gezogenen Limes und das dadurch beidseitig des Rheinlaufes entstandene
römisch besetzte Land (Zehntland) einander jahrhundertelang historisch gleichgeschaltet'.
Dann kamen freilich Separatentwicklungen, bereits im Zeitalter der Gaubildung, und dann
kamen die Jahrhunderte, in denen die einzelnen Herrschaften den Rhein bald so und bald so
übersprangen. Doch in kultureller Hinsicht manifestierte sich der Oberrhein' besonders aktiv
im Humanistenzeitalter (15./16. Jahrhundert): ja. er wurde geradezu zu einer Hochburg
damaliger Kultur und insbesondere damaliger Literatur.6' Es ist hier nicht der Ort, auf die
Annexionsbestrebungen bald so. bald so einzugehen, wir wollen weder die von Ludwig XIV.
inszenierten Reunionskammern noch die diffizilen Situationen der diversen Erbfolgekriege
noch die Napoleonschen Strategien heranziehen - Tatsache aber bleibt, daß der Oberrhein-
Begriff entschieden mehr seine kulturelle als seine politische Berechtigung und Herkunft
hatte.?l Mit dem von Deutschland gewonnenen Siebzigerkrieg veränderte sich freilich die
politische Lage, doch wurde die Oberrheintendenz insofern nicht allzu sehr begünstigt, als man
das annektierte Elsaß-Lothringen ja zum 'Reichsland' werden ließ! Doch der für Deutschland
verlorengegangene Erste Weltkrieg zog einen desto tieferen Graben: man hatte sowohl im

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