Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 2.1989
Seite: 126
(PDF, 34 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0128
Freistaat Baden als auch im Deutschen Reich der 20er Jahre andere Sorgen und andere
Probleme als die Oberrhein-Zusammengehörigkeit im Politisch-Staatlichen. Das änderte sich
allerdings nach 1933 relativ rasch und massiv. Wir wollen hier jedoch weder auf die
gegenseitigen Frontkämpfertreffen einerseits noch auf die gegenseitigen Kampfwälle andrerseits
eingehen, vielmehr an einiges aus der Literatur erinnern/' Eine Massierung (und großteils
auch Anmaßung) oberrheinischer Titel erscheint sodann 1940 ff. (nach dem Frankreichfeldzug
und der Annexion des Elsasses, das bekanntlich dem badischen Gauleiter Robert Wagner
mitunterstellt worden war).9' Übrigens hatte man mitunter das 'Alemannentum' als Mittler und
Vermittler oberrheinischer Gemeinsamkeiten und Gemeinsamkeitsbestrebungen eingesetzt,
was freilich primär mehr Ober- und Mittelbaden, bzw. das Ober- und Mittelelsaß bis in die
Gegend von Straßburg anging.10'

Stammes- und Landesgeschichtliches dienten so dem zunächst oft unbewußten, dann aber
mehr und mehr bewußten Brückenschlag, der das Linksrheinische einerseits traditionsbewußt
und andrerseits geschickt politisch entern sollte. Es hatte gewiß berechtigt begonnen, in der
Regel vom Geographischen her."' und es soll auch keinesfalls geleugnet werden, daß die
Zeitumstände und der so und so unglückliche Versailler Vertrag das ihre dazu beigetragen
hatten. Bekanntlich war die kaiserlich-reichsstatthalterliche Militär- und Kulturpolitik schon
keine glückliche:12' daß man nunmehr vom NS-Regime noch weit Unglücklicheres und
Vermesseneres zu erw arten hatte, liegt auf der Hand.

So war es nach 1945 äußerst schwierig, an diesen Oberrheinbegriff - wenn auch in
rechtschaffenem und keineswegs heimtückischem Sinn - wiederanzuknüpfen. Am ehesten auf
ganz naive und historisch wie kulturell unbelastete Art und Weise.1Das Alemannische jedoch
bleibt vorzugsweise dem Sprachlichen und mitunter auch dem Brauchtum vorbehalten.14'
Erhaben über politische Tendenzen freilich auch Institutionen wie das 'Alemannische Institut'
oder die Schriftenreihe 'Abhandlungen zur oberrheinischen Kirchenaeschichte'. Mitunter
kommt es auch zu Veröffentlichungen, die - vielleicht dann und wann von Verlagsseite her -
nach einem breiteren Publikationsraum suchen.15, Oder das Gros des Gebotenen ist im
badischen Raum angesiedelt.16' Das einwandfreie Historische bedient sich zu Recht weiterhin
des 'Alemannischen'.1

Hinsichtlich des 'Oberrheins' gibt es nunmehr von der Verwaltung her neue Organe bzw.
neue Institutionen,ls>1 die aufgrund ihrer Ressorts (etwa Meteorologie oder gemeinsame
Verkehrsplanung) die 'Regio'19' zusammenfassend behandeln.

Das dürfte überhaupt die Ablösung des Oberrheinbegriffs für unsere Gegend sein: das
Regionale, mitunter sogar das Subregionale, zunächst ganz im Sinn des Topographischen und
dann im Sinn der uns längst bekannten 'Region'. Daß daraus speziell unsere Dreiländerecke
wurde und man unwillkürlich ans 'Oberland' denkt, hat sich in jüngster Zeit unerwartet rasch
eingebürgert. In älteren lateinischen Texten war mit 'regio' auch der Stadtbezirk gemeint.
Unsere Regio aber ist kein Politikum, ist vielmehr eine Art Infrastruktur, mehr oder weniger
grenzüberschreitend und auch mit offenen, wenn nicht mit zunächst fließenden Grenzen, ist
eine Vereinbarung aus Vernunft- und Interessengründen, eine inszenierte und sich inszenierende
Gegebenheit: primär kommerziell, im nachhinein auch kulturell (das wird sich erst nach
und nach geben und ist nicht mit Wanderwegen und kulinarischen Zielen, auch nicht mit Sport-
und Vergnügungsinstitutionen zu forcieren).201

Hochrheinisch gibt es kaum, oberrheinisch desto häufiger. Das ist nicht kuriosen Sprachgesetzen
zu verdanken, sondern der Geschichte und ihrer politischen Ambitionen. Besonders
vom NS-Regime und seinen Ideologen war dieser Begriff nicht nur überstrapaziert, sondern
in vielem mißbraucht worden. Ihn in der Mehrzahl der Fälle abzulösen, kann nicht schaden.
In der Heimat eines nach wie vor lebhaft umstrittenen Hermann Burte2" sollte man den
Oberrhein und das Oberrheinische nicht unaufhörlich beschwören, es gibt schließlich auch

126


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0128