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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 58
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0060
Bürgermeister Boos spannt von 1936 an die Schriftleiter von "Tagespost". "Oberbadisches
Volksblatt" und "Der Alemanne" für sich ein. Abwechselnd sollen sie städtische Informationspolitik
besorgen.631

Brutales Hetzblatt gegen die Juden ist "Der Stürmer", der von hiesigen Mitarbeitern mit
miesesten Meldungen aus Lörrach versorgt wird. Früh werden in dieser Zeitung Bürger der
Stadt voller Haß als "Judengenossen" angeprangert. Friedrich Vortisch, "artvergessener"
Anwalt, weil er Juden weiterhin zu ihrem Recht verhelfen will, findet sich mehr als einmal
verhöhnt in diesem Blatt. Seinem Kollegen Grimm ergeht es nicht viel anders. Von Dezember
1938 an ist ein Aushängekasten mit "Der Stürmer" an der Post montiert. Nun hätten, so im
"Oberbadischen Volksblatt" damals zu lesen, alle Lörracher die Möglichkeit, "sich durch
dieses Kampfblatt Julius Streichers über die Bedeutung der Lösung der Judenfrage in
Deutschland zu orientieren."

Ein kleines Beispiel dafür, wie geballte Propaganda Menschen verbiegt und ihr Denken
bestimmt: Der Bolschewismus ist von den Nationalsozialisten früh als Schreckgespenst an die
Wand gemalt worden; bei Ausstellungen wie "Die Rote Pest" (1937 in der Turnhalle der
Hebelschule) wird der Kommunist als Teufel gezeichnet. Nun treffen am 13. März 1942 in
Lörrach die ersten "Kommunisten" ein, ukrainische Landarbeiter. Neugierig schaute sich ein
junger Rathausangestellter die Leute an - und schreibt verwundert in seinem Bericht: "Nur
wenige waren darunter, deren Gesichter pockennarbig waren, so, wie man sich bei uns eben
einen Russen vorstellt".

Werben für die "Aufartung"

Über die Ermordung von Millionen Juden in den Gaskammern hat der Bürger nichts aus
einer Zeitung erfahren. Für andere Verbrechen, für die die Nationalsozialisten Verständnis zu
finden glaubten, haben sie offen geworben.

Im November 1933 lesen die Lörracher in der Spalte mit Lokalnachrichten von einer
"bevölkerungspolitischen Aktion": davon, daß in einer Anhäufung erblich bedingter Minder-

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Im November 1933 wird die Bevölkerung auf die bald
beginnende Sterilisation vorbereitet (Bericht im Oberbadischen
Volksblatt vom 15. November 1933)

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