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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 98
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-02/0100
Große römische Gutshöfe im Klettgau
und im westlichen Hochrheintal *

Gerhard Fingerlin

Wer sich mit den Römern in Südwestdeutschland beschäftigt, stößt bald auf die Gutshöfe,
die villae rusticae. die im ehemaligen Dekumatland in großer Zahl bekannt geworden sind.
Entdeckt werden sie hauptsächlich durch Funde von Bausteinen, Mörtelbrocken und Ziegeln
auf frisch gepflügten Äckern, neuerdings auch nicht selten durch Luftbilder, die Mauerzüge,
Grundrisse, manchmal sogar komplette Anlagen mit mehreren Gebäuden und umgebender
Hofmauer erkennen lassen. Auch Flurnamen wie Maueracker. Ziegelboden, Steinfeld oder
Gmür haben zu immer neuen Entdeckungen beigetragen, so daß man heute feststellen kann,
daß der Gutshof. für den es in unserem Gebiet weder früher noch später etwas Vergleichbares
gibt, das eigentlich prägende Siedlungselement der römischen Kulturlandschaft gewesen ist.
Dabei gibt es in Form und Größe erhebliche Unterschiede, das Spektrum reicht vom
einzelnen Wohn-Wirtschaftsgebäude bis zu großen palastähnlichen Anlagen mit zahlreichen
Nebengebäuden. Im Regelfall gibt es ein teilweise beheiztes Wohnhaus (Herrenhaus),
Scheunen. Stallungen, Räume für die Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Rohprodukte
, Werkstätten, ein separat angelegtes Bad und gelegentlich auch einen kleinen Tempel. Um
das bebaute Areal mit seinen zugehörigen Gärten zieht sich meist eine niedrige Mauer, die
einen rechteckigen, oft aber auch sehr unregelmäßig zugeschnittenen Raum umschließt.

Bei allen Unterschieden in Größe, Architektur und Innenausstattung haben diese Landgüter
doch eines gemeinsam: sie stellen weitgehend autarke Wirtschaftseinheiten dar, hauptsächlich
auf landwirtschaftliche Produktion orientiert, daneben aber meist auch mit einem
gewerblichen Nebenzweig versehen. Entsprechend den Bedingungen für Ackerbau und
Viehzucht sind vor allem die günstigen Lagen des Altsiedellandes dicht besetzt, doch dringt
diese Siedlungsform auch in Gebirgslandschaften vor: Holzwirtschaft, Köhlerei, Bienenzucht
und spezielle, an Bodenschätze gebundene Gewerbe bilden dann die ökonomische
Grundlage. Vom Überschuß der landwirtschaftlichen Produktion lebt das Heer und die
Bevölkerung der Städte und der kleineren, an den wichtigen Fernstraßen entstandenen
Siedlungen. In Kastellen und auf zivilen Märkten werden auch die gewerblichen Erzeugnisse
abgesetzt, allerdings in Konkurrenz mit den am Ort ansässigen Handwerkern oder großen,
im Fernhandel engagierten Manufakturen.

Entsprechend der unterschiedlichen Erscheinungsformen und Größe der Gutshöfe haben
wir es auch mit sehr verschiedenen Bewohnern zu tun. Dabei müssen wir sowohl mit
zugewanderten Römern als auch mit einheimischen Leuten keltischer Herkunft rechnen, die
als Eigentümer, Verwalter oder Pächter auf diesen Landgütern lebten und wirtschafteten,
abgesehen von den Knechten, Mägden und teilweise auch Sklaven, die selbstverständlich
dazugehörten. Sehen wir einmal davon ab, daß es in anderen Provinzen, vor allem in Italien
selbst, ländliche Villen der Kaiser und Senatoren gab. waren es in unserer Region wohl reiche
Kaufleute und hochgestellte Verwaltungsbeamte, aus Städten wie Augusta Raurica (Äugst
bei Basel) stammend, aus denen sich die oberste Kategorie der Bewohner von Gutshöfen
zusammensetzte. Auch höhere Offiziere kommen als Erbauer und Besitzer größerer Villen
in Betracht. Nicht dieser Oberschicht zuzurechnen ist die nächste Kategorie: zu Wohlstand
gekommene Angehörige unterschiedlicher Berufe, die ihr Kapital in ein Gut investieren
konnten, darunter sicher manche Einheimische. Schließlich wissen wir, daß auch ausgediente
Soldaten auf zugewiesenem Land Höfe errichteten und daß kleine Betriebe oft von
Pächtern, zweifellos meist einfachen Leuten, übernommen wurden.

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