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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 158
(PDF, 34 MB)
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Von den Städtepartnerschaften
Regionale und überregionale Marginalien

Helmut Bender

Als Historiker und auch als Philologe versuchte ich mich in die Anfänge, in die Ursprünge
und Ursprünglichkeit dieser heute so aktiven und zukunftsträchtigen Institution hineinzuversetzen
. Vergebens: weder Lexika noch entsprechende Wörter- und Fachbücher halfen mir
weiter. Zwischen den Stichworten 'Stadtentwässerung' und 'Stadterneuerung' fand ich schließlich
in einem 1984 erschienenen Allgemeinlexikon vier einschlägige Zeilen: "engl. Town
Partnership ... frz. Jumelage. Abkommen zw. Städten unterschiedl. Nationalität mit dem Ziel,
durch gegenseitiges Kennenlernen das Verständnis füreinander zu fördern."

Soviel hab ich bis dahin auch gewußt. Ich hatte primär an die Städtebündnisse der Antike,
an die mittelalterlichen Schutz- und Trutzbündnisse ä la Hansa und an die oft weitgehend
parallelen Schicksale mancher Städte durch Kriegseinwirkungen oder auch durch zeitweilig
ähnliche Schicksalsläufe in neuerer Zeit gedacht. Vom Ideellen her umkreiste ich instinktiv
immer wieder die 'Ideale' der Französischen Revolution, dabei weniger der egalite und der
liberte als der fraternite gedenkend. Und vom Philologischen her französisierte ich ohnehin,
doch das Verbum partir (= abreisen) ließ mich besser nach dem Englischen hinüberschauen:
der englische 'partner' (= Kompagnon, Teilhaber, auch Teilnehmer) war ja in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts unternehmungslustig nach Deutschland hinübergesprungen, und es wäre
in diesem Zusammenhang mühselig, auf den mittellateinischen 'partionarius' zu verweisen -
lassen wir auch die amerikanische 'party' (= Gesellschaft) und die französische partie' (= Teil)
aus dem Spiel - erinnern wir vielmehr noch kurz an die englische 'partnership'. ursprünglich mit
(Handels-) Kompagnie oder auch mit Genossenschaft zu übersetzen. Mit dem Hinweis, daß der
englische 'part' äußerst vieldeutig ist (u.a. etwa Teil, Anteil. Partei, Pflicht, auch Rolle, Amt
u.ä.). erübrigt es sich, uns noch weiterhin mit französischer Etymologie oder lateinischer
Abkunft zu beschäftigen. Abschließend sei lediglich noch darauf aufmerksam gemacht, daß
der Duden in seiner 16. erweiterten und neu bearbeiteten Auflage (Mannheim 1967) den
Begriff der Städtepartnerschaft (noch) nicht kennt.

Jetzt wäre noch vom Auftrieb der Begriffe Partner und Partnerschaft zu reden. Alle
strapazieren diese Worte samt ihren anderweitigen Zusammensetzungen über die Maßen, sei's
vom Ehe- oder vom Geschäftspartner, von den Firmen, die ihn in ihre Bezeichnung mitaufnehmen
, von der Politik und von den Glaubensgemeinschaften her. ebenso vom Sport und aus
manch anderem Ressort. In der Regel handelt es sich dabei allerdings weniger um juristische
als um natürliche Personen. Wobei unter dem Strich noch zu vermerken wäre, daß etwa der
Lehrer seine Kollegen, der Student seine Kommilitonen, der Soldat seine Kameraden, der
Arbeiter seine Kumpel, der Privatmann seine Freunde und der Schüler seine Mitschüler hat.
Doch auf wie lange noch? Bis eines Tages alle einander Partner werden, so wie sie sich dereinst
alle hätten sollen Brüder oder Genossen oder eben Freunde nennen?

Die Städtepartnerschaften sind eine Erfindung, eine Institution der Nachkriegsjahre. Sie
setzten zögernd ein, oft kleinkariert, prinzipiell nachbarschaftlich gedacht (etwa Orte diesseits
und jenseits einer Landes- bzw. Stadtgrenze). Von Amts wegen oder eben doch von höherer
Ebene her wollte man nach den mißlichen und grausamen Erfahrungen der Kriege sich näher
kennenlernen, um sich zu überzeugen, daß der 'andere' 'auch ein Mensch wie du und ich' ist.
Das waren primär regionale, ja subregionale Anliegen (später gar in Stadtteilpartnerschaften
fortgeführt!). Sie hatten es aufs Alltägliche, aufs Praktikable, dann auch aufs Kulturelle, auf
Sitten und Gebräuche, auf Eß- und Lebensgewohnheiten, auf Sport, freilich auch aufs
Wirtschaftliche und aufs Sprachliche abgesehen. Man wollte vereinen statt trennen, man fühlte

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