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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 1.1993
Seite: 127
(PDF, 29 MB)
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Kreise dagegen. Wegen der Tyrannei dieser Gremien verödete die innere Stadt, da die Bänke
in den Außenquartieren sangen. Wenn auch die 1920 gegründete Schnitzelbankgesellschaft
sich die Wiederbelebung der Bänke zum Ziel setzte, war darin das ein Jahr später geschaffene
Schnitzelbankcomite erfolgreicher: Es besteht aus 12 Mitgliedern, die sich selbst ernennen,
und hält im Jahr zwei Sitzungen ab: Zur Festsetzung der Lokale, in denen gesungen wird, für
Plakettenausgabe. Kritik, Nach- und Vorschau und Subventionszuteilung nach der Fasnacht.
Es appellierte von Anfang an an Dichter und andere Künstler, legte Wert auf gepflegtes
Baseldeutsch. Versmaß, Kostüm. "Helgen" (erklärende Bilder) und Vortrag. So erlebte die
Schnitzelbank neuen Aufschwung mit der für Basel typischen Steigerung bis zum Schlußeffekt
, der Pointe, früher in Langversen, heute meist in Zwei- und Vierzeilern. Innert kurzer Zeit
traten wieder fünfzehn verschiedene Bänke auf, die Innerstadt belebte sich wieder. Seit 1920
erhalten die beim Schnitzelbankcomite angemeldeten Bänke eine eigene Comiteplakette.
nämlich einen bezopften Baselstab, entworfen von Nikiaus Stöcklin. Während des zweiten
Weltkrieges durften Bänke nicht öffentlich auftreten.

Heute gibt es eine große Zahl davon, deren Kommen durch Plakate an den Türen der Lokale
angezeigt wird, Einzelgänger. Zwei- bis Vierergruppen, mit diverser Musikinstrumentenbegleitung
. Gesungen wird nach verschiedenen Melodien, ein- oder dreistimmig. Die berühmteste
Melodie nennt sich "Perversarelin", komponiert vom Mitbegründer der Speziclique Fritz
Siegrist (1905). Gesungen wird am Montag und Mittwoch Abend in den Lokalen, aber auch im
Küchlin- und Stadttheater, wo Jurymitglieder anwesend sind. Schulpflichtigen Kindern ist das
Singen in öffentlichen Lokalen verboten. Am Fasnachtssamstag aber findet im Casino der
Schlußabend statt, an dem alle Bänke nochmals auftreten dürfen.

Zeedel

Im Unterschied zur Schnitzelbank persifliert der Zeedel. eine lange satirische gereimte
Litanei auf länglichem buntem Papier, nur ein Sujet, nämlich jenes der Clique. Man will dessen
Anfänge in Sebastian Brandts "Narrenschiff uf die Fasnacht 1494" sehen, femer auch in
Erasmus von Rotterdams "Lob der Torheit" (Basel 1515) und Dr. Mumers "Beschwerung"
(Straßburg 1512). - Den heute vergleichbaren Zeedeln treten 1870 erstmals "Fahnen" auf.
bemerkenswerterweise schon in Baseldeutsch. In der Folge riefen sie mehrmals die Intervention
fremder Mächte hervor: neben den schon im historischen Teil genannten folgte 1912 ein
Verbot durch die Polizei wegen Anzüglichkeiten auf den italienischen Tripolifeldzug. und vor
dem 2. Weltkrieg das Eingreifen der Bundesanwaltschaft wegen eines Zeedels über die Nazis.
Die Länge der Fahnen ist insofern vorgeschrieben, als alle Zeedel - 1984 gab es deren 250 in
13 Mio. Exemplaren - eine Woche vor der Fasnacht im Waisenhaus zum Bündeln abgegeben
werden müssen. Auf jedem muß ein Hinweis auf die Laternenausstellung stehen, samt Name
des Druckers und Verlegers. Verteilt werden sie an der Straßenfasnacht durch den Vortrab
vornehmlich an Personen, die eine Plakette tragen.

Wagen, Chaise

Seit Beginn unserer heutigen Fasnacht, mindestens seit 1820. sind Wagen in der Straßenfasnacht
erw ähnt. Übrigens wurden schon damals vom Wagen herunter Orangen verteilt, heute
das Privileg der Waggisse. 1921 wurde die erste Wagenclique - d'Herremätteli - gegründet.
1938 die Güete Bonjourclique von den Turnern des katholischen Turnvereins Gundeldingen.
die den Elsässerdialekt pflegen. Ihr Wagen wird von den ca. 12 Mitgliedern jeweils im Januar
dekoriert und mit 600 kg Orangen. 600 kg Räppli. 160 kg Mimosen und 40 kg Lutschbonbons
(Däfeli) bestückt, was pro Mann einen finanziellen Aufwand von 350-1200 Franken bedeutet.

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