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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 1.1993
Seite: 142
(PDF, 29 MB)
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andere aber anders two logirt waren - trunckener nach seinem Losament gehen wolte,
ohnversehens die Stegen herabgefallen, arm und Beyn zerbrochen und die Zunge dergestalt
verletzt daß er kein Wort mehr reden kennen; und w eil er auch die Hirnschale zerfallen, ist er
den 26. dito darüber gestorben, und weil er Pabist war zu Allschweiler begraben worden:
haben auf den tag, da der fahl geschehen Dr. Fausti lebens-lauf agirt und darüber nach etliche
tag das spiel continuirt.

Folgende Abweichungen im Vergleich mit der Fassung des Sohnes sind bemerkenswert:

- Während der Sohn Scherer von "deutschen Komödianten" spricht, ist der Vater genauer.
Er schreibt "Commödianten deutscher Nation",

- Auch die Zeit- (dienstags, den 24. November um 11 Uhr nachts) und die Ortsangaben sind
bei Daniel Scherer präziser.

- Daniel Scherer berichtet von ca. 10 Personen (darunter Pickelhäring). Johann Scherer von
12 Personen (darunter Harlekin).

- Daniel Scherer schreibt, daß die Schauspieler im Ballenhaus ein Theatrum a u f r i c h-
t e n ließen, damit deutet er (korrekterweise) an. daß das Ballenhaus auch für andere Fest-
Aktivitäten (ohne Bühnenbenutzung) verwendet wurde.

- Der Unfallhergang wird bei Daniel Scherer mit leichten Varianten erzählt.

- Bei Daniel Scherer wird die Anwesenheit des Markgrafen nicht erwähnt.

- Einen entscheidenden Unterschied registrieren wir am Schluß des Berichts: Während
Johann Scherer ein allgemeines moralisches Urteil über den gottlosen Harlekin - Darsteller
fällt, ist Daniel Scherers Schlußurteil von eindeutig anti-katholischer Schärfe: "Und weil er
Anhänger des Papstes war, ist der Schauspieler in Allschwil begraben worden."

So war es naheliegend, in den seit 1655 erhaltenen Kirchenbüchern Allschwils4" nachzuforschen
, ob sich am Ende des Jahres 1696 ein Hinweis über einen in Basel tödlich verunglückten
Schauspieler finden ließe. Was für ein Forscherglück! In lateinischer Sprache finden wir dort
folgenden Eintrag (Übersetzung):

7. Dezember 1696:

In Gott dem Herrn ist Johann Georg Göttner, Komödiant und "gekrönter Dichter" aus
Nikolsburg. in Basel gestorben. Er wurde zu unserer Kirche überführt und hier auf unserem
Friedhof nach katholischem Brauch begraben. Er ruhe in Frieden.

Johann Georg Göttner war leitender Bühnenkünstler in der Theatertruppe von Johann Carl
Samenhammer und wie dieser von seinem Dienstherren, Johann Christian Herzog von
Böhmisch-Krumau und Fürst zu Eggenberg, zum "poeta laureatus" nobilitiert worden. Im
April 1691 hatte Johann Christian seine Hofkomödianten entlassen. Göttner und Samenhammer
schlössen sich daraufhin unterschiedlichen Truppen an und tauchten in Süddeutschland,
Österreich und der Schweiz auf. Zwei Jahre nach dem Auftritt in Basel stieß Samenhammer mit
seiner Frau Agnes. Göttners Tochter Anna Ernestina. in Stuttgart zur Truppe des alten
Theaterdirektors Kuhlmann.

Göttners Tochter aber war die Enkelin eines Innsbrucker Theaterchefs, dieser wiederum
Schüler des britischen Schauspielers Joris Joliphus.

So werden am Ende des 17. Jahrhunderts in Basel Traditionslinien deutlich, die von England
zu den Anfängen der deutschen Berufsbühne führen ~:.

Zusammenfassung

Mit den Berichten über eine Faust-Aufführung in Basel im November 1696 liegen uns
einzigartige Dokumente der Faust-Rezeptions-Geschichte vor, die nicht nur zu den frühesten

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