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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 154
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0156
Eine neue Burg der Kulturarbeit

Neuenburg am Rhein und sein Museum fiir Stadtgeschichte

Katharina Günther

Am ersten Mai des Jahres 1704 hatten die Bürger Neuenbürgs am Rhein immerhin noch die
Gelegenheit, ihre Stadt selbst zu räumen, bevor sie hinter ihnen in Schutt und Asche versank.
Das Zerstörungswerk des Marschalls Tallard war eine Konsequenz des Spanischen Erbfolgekrieges
, in dem die Stadt, wie so oft zuvor, ein Opfer politischen Muskelspiels geworden war.
Aber "funditus demolirt, und alle Mauern und gebäu der Erde gleich gezogen", dauerte es
diesmal zehn Jahre, bis die Stadt nach dem Frieden zu Rastatt 1714 wieder aufgebaut werden
konnte.

Um 1175 von Berthold IV. auf von den Zisterziensern geraubtem Boden gegründet und
eigentlich nur als Hemmschuh der territorialen Erwerbspolitik der Staufer gedacht, versprach
bereits der Anfang der Stadt keine friedvolle Zukunft. Nach dem Aussterben der Zähringer
1218 erlebte Neuenburg als staufische Reichsstadt einen ersten Aufschwung. Doch erst der Fall
an das Habsburgerreich, endgültig 1348. brachte die Zähringergründung auf den Weg zum
wirtschaftlichen Aufstieg. Um 1350 erhielt sie das Münzrecht und wurde zum Tagungsort des
Rappenmünzbundes und von Landtagen. Zu Zeiten des Konstanzer Konzils gelang es dem Rat
der Stadt, eine zukunftsweisende Entscheidung zu treffen. Der Gegenpapst Johannes XXIII.
wurde auf der Flucht nach Burgund 1415 in Neuenburg festgenommen und wieder dem Konzil
überantwortet. Damit hatten die Neuenburger einen entscheidenden Beitrag zur Beendigung
des Schismas geleistet. Einen Höhepunkt erlebte die Stadt zweifellos im Spätmittelalter, wo
sich Repräsentanten des Zeitgeistes wie der reformatorische Prediger Otto Brunfels, der
Satiriker Johann Fischart und der Humanist Erasmus von Rotterdam hier aufhielten. Das
Kulturleben Neuenbürgs hatte damit an zentrale geistesgeschichtliche Zeitströmungen Anschluß
gefunden.

Den Niedergang der mittelalterlichen Stadt initiierte der Rhein, als er im Jahre 1525 ihre
Westhälfte fortspülte. Vom Münster, das den Neuenburgern spätestens seit 1292 als Pfarrkirche
gedient hatte, blieb gerade der Chor stehen. Das letzte Architekturzeugnis aus gotischer
Zeit fand dann 1703 als Baumaterial für ein Pulvermagazin des Marschalls Tallard ein Ende.

Die Rheinkatastrophe, vor allem aber die nun dicht aufeinanderfolgenden militärischen
Zerstörungen des 17. Jh.. zuletzt die von 1704. bewogen in unserer Zeit den Schriftsteller
Heinrich Hansjakob dazu. Neuenburg am Rhein als "die Niobe unter den Städten" zu
bezeichnen. - Steinern ist sie zwar, aber nie versteinert. Immer wieder schaffte es die Stadt, sich
von den Tiefschlägen der Geschichte zu erholen und zu neuen Zeiten aufzubrechen. Als
Hansjakob sie 1904 bereiste, war sie immerhin schon badisch geworden, wenngleich anfangs
ohne große Begeisterung.

Seit dem 2. Weltkrieg, in dem die Zähringergründung ihrer hoffentlich letzten völligen
Zerstörung erlag, nützt sie endlich ihre günstige geographische Lage, wegen der sie in der
Vergangenheit meist benützt worden war. Derzeit entwickelt sich Neuenburg am Rhein zu
einer blühenden Industriestadt, wobei die Betonung auf "blühend" liegt, wie auch die neuesten
Stadtsanierungen demonstrieren.

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