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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 181
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0183
In memoriam Walter Muschg

Helmut Bender

Die Herausgabe des ersten Teils meiner Erinnerungen 'Bild und Spiegelung' (Freiburg 1992)
hat mich auch veranlaßt, meines Lehrers Professor Dr. Walter Muschg zu gedenken. Vor 95
Jahren (21. Mai 1898) im Kanton Zürich geboren (und damit eine Generation früher als sein
Halbbruder, der Schriftsteller Adolf Muschg. inzwischen ebenfalls als Literaturhistoriker - an
der TH Zürich - wirkend), hatte er bereits 1936 eine Professur in Basel erhalten, und eben in
dieser Eigenschaft lernte ich ihn im Sommersemester 1947 kennen. Ich hatte mich um ein
Stipendium in der Schweiz mit Erfolg beworben und schätzte mich glücklich, aus dem
damaligen Getto des Nachkriegsdeutschland in die freie wissenschaftliche Lehre und Forschung
der Stadt vor den Toren des Markgräflerlandes für einige Zeit übersiedeln zu dürfen (vgl. dazu
auch 'Meine Begegnungen mit dem Markgräflerland' in: 'Das Markgräflerland'. Heft 2/83). Es
wäre müßig, über die Bedeutung Basels und speziell seiner Universität für das benachbarte
Markgräflerland und überhaupt für die südwestdeutsche Ecke zu schreiben, und ich will hier
auch nicht von Muschgs Verdiensten um Jeremias Gotthelf und insgesamt um die 'Tragische
Literaturgeschichte' berichten.

Wichtig für mich war damals die persönliche Begegnung und das daraus erwachsende
freundschaftliche Verhältnis zu Walter Muschg. Nachdem wir von den Behörden der französischen
Besatzung in politischer und von einschlägigen Seminaren der Freiburger Universität
in wissenschaftlicher Hinsicht durchleuchtet bzw. überprüft worden waren, konnten wir
wenigen 'Auserwählten' in Walhall einziehen, d.h. wir mußten uns Quartier in Lörrach - privat
oder in einem dafür bereitgestellten Hotel (es war der 'Storchen') - suchen und täglich mit der
Basler Trambahnlinie 6 über Riehen nach der Basler Innenstadt pendeln, denn in Basel zu
wohnen bzw. zu nächtigen, hatte man uns aus diesen und jenen Gründen untersagt. Selbstverständlich
brauchten wir keine Studiengebühren zu bezahlen, mit unserer R-Mark hätte das
ja auch wenig Sinn gehabt. Darüber hinaus hatte die Schweizer Stiftung Freitische beschafft,
denn wir hätten mit unserer Nachkriegswährung (Vorwährungsgeld) in keinem Lokal speisen
können.

So kam es. daß ich - zusammen mit einem andern Freiburger Studienkommilitonen - je
einmal in der Woche einen Freitisch bei Professor Muschg hatte. Er wohnte draußen in der
Gegend des Wasserturms, und der Sommer '47 war besonders heiß: daher erschien es uns
zunächst problematisch, zum jeweiligen Mittagstisch per pedes hinauszupilgern. Wir langten
das erstemal ohnehin mit Verspätung an. weil wir uns nicht gleich im Straßennetz zurechtfanden
, doch er begriff rasch, daß wir ganz einfach nicht in der Lage waren, die Trambahn zu ihm
hinaus zu bezahlen, denn nur auf der Linie 6 hatten wir Freifahrt - und spontan wurde uns von
seiner Frau eine Zwanzig-Franken-Note gereicht mit dem Hinweis, künftig pünktlich zu sein,
was wir dann gerne arrangierten.

Die Gespräche mit ihm bei Tisch und hernach waren für uns in mehrfacher Hinsicht ein
Erlebnis, nicht nur wegen unseres ungewöhnlichen Nachholbedarfs in jeder belletristischen
und interpretatorischen Richtung, sondern vor allem auch wegen Muschgs Persönlichkeit und
seiner rhetorischen und pädagogischen Fähigkeiten.

Einmal langten wir zu früh an. oder er war noch nicht zu Hause, da wir eingetroffen waren.
Seine Frau nahm uns in die Bibliothek und bat uns. sich nach Lust zu 'bedienen'. Unser Unglück
wollte, daß wir irgend spontan an einen Buchschaft gerieten, in dem seine eigenen Werke

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