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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 1.1996
Seite: 66
(PDF, 30 MB)
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Eine Sage mit historischem Ursprung

Horst Hänßler

Eine der bekanntesten Sagen aus Steinen ist die von der hochmütigen Häfnet-
jungfer.

Die Häfiietjungfer

Am „Jumpferebrünnli" auf dem Häfnetbuck ging einst bei Nacht keiner gerne
vorbei. Vor langer Zeit wohnte nämlich im Schloß zu Steinen ein reicher Herr,
dem wenig Gutes nachgesagt wurde. Mit seinen Leuten war er sehr streng, und sie
mußten auch am Sonntag Fronarbeiten verrichten. Schlimmer noch war seine
einzige Tochter, die ihnen bei Tag und Nacht keine Ruhe ließ. Sie war sehr stolz
und herrschsüchtig und trug nur die feinsten Kleider und Schuhe. Am Sonntag,
wenn sie zur Kirche ging, ließ sie vor lauter Mutwillen vom Schloß bis zur Kirche
mit Tuch und Taft überspannte Bretter legen, damit ihre Schuhe nicht schmutzig
wurden. Keiner getraute sich, ihr etwas dagegen zu sagen. Nur ein alter Mann, der
einmal vor der Kirchentür stand, warnte sie ernsthaft, sie solle es nicht zu weit
treiben, wenn sie einmal ruhig sterben wolle. Zwar ließ die Jungfer daraufhin am
folgenden Sonntag die Bretter nur mit Flanell belegen, hatte aber die Warnung
schnell vergessen.

Doch als die Jungfer gestorben war. zeigte sich, daß der Mann recht behalten
hatte. Man begrub sie wohl auf dem Gottesacker bei der Kirche, aber dreimal
stand der Sarg des Morgens wieder vor der Friedhofsmauer, obwohl man diesen
jedesmal wieder hineingeholt hatte. Da luden sie den Sarg auf den Schinderkarren,
spannten zwei junge schwarze Stiere davor, die noch nie im Joch gegangen waren,
und ließen sie laufen, wohin sie wollten. Geradewegs liefen sie auf den Häfnetbuck
zu einer Quelle, und dort wurde der Sarg mit der Jungfer begraben.

Die Quelle wurde gefaßt und der Brunnen „Jumpferebrünnli" geheißen. Noch
lange danach konnte man manchmal bei Sonnenaufgang sehen, wie sich die „Häf-
netjumpfere" am Brunnen wusch und ihre Haare strählte. Kam einer, der sich noch
nicht gewaschen hatte, in die Nähe des Brunnens, wurde er von der Jungfer so
unsanft gewaschen und gekämmt, daß er es sein Lebtag nicht mehr vergessen hat.
Jeder machte lieber einen Umweg um den Brunnen, und besonders des Nachts
ging niemand gerne daran vorbei. Wollte sich ein Kind nicht gerne waschen
lassen, durfte die Mutter nur sagen: „Mei d'Häfnetjumpfere chunnt die go Wäsche
!" dann gab es keine Widerrede mehr.

Erzählt von Paula Hollenweger (in „Das Markgräflerland". Heft 1/2 1975.
S. 97/98)

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