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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 1.1996
Seite: 123
(PDF, 30 MB)
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Rötteln und den späteren Markgrafen als Grundherren dienstpflichtig waren. Immerhin
hatten die letzten Funktionen, die in der Vogtei noch ausgeübt wurden, bis
1788 Bestand. Damals löste sich Hauingen als nun selbständige Gemeinde aus
dem fast 1000 jährigen Vogteiverband.

Unsere Generation des ausgehenden 20. Jahrhunderts kann sich kaum vorstellen
, was für den Alltag des einzelnen, für die sozialen Verhältnisse Leibeigenschaft
und Abgabenpflicht zu allen möglichen Anlässen - meist an Patroziniums-
festen - bedeuteten. Ereignisse, von denen jeder je nach Besitzstand betroffen war.

Da gab es neben der natürlich unbezahlten Frondienst- und Fuhrdienstpflicht
zum Erhalt oder beim Neubau am Röttier Schloß oder an anderen Adelssitzen in
Brombach. Lörrach und Stetten einen Wegzugzins beim Umzug in eine andere
Herrschaft, den Todfall, das Fasnachtshuhn, ein Umgeld (eine Art Umsatzsteuer
für Getränke), die Vogtssteuer an Martini in Form des Banngeldes, des Karrengeldes
. Eselsgeldes. Kalbseides, das Überleiteseid. Jäserseld und Steuerkorn. Jeder
Bauer mußte je Roß ein Pfluggeld entrichten. Hauptzehnt. Kleiner Zehnt. Heuzehnt
. Güter- und Bodenzins. Abgaben für den Unterhalt der Geistlichkeit, der
Kirchenzehnte, der Neubruchzehnte, der Blutzehnt für das Jungvieh. Bezahlt werden
mußten aus Abgaben der Einwohner der Bannwart, der Holzbannwart. der
Forstknecht, der Scharfrichter, der Wasenmeister, die Geschworenen. Feldreiter
und Feldhüter, der Rebknecht, der Rebbannwart. Dies war jahrhundertelang der
Alltag. Sicherlich zahlen wir heute auch ein gerüttelt Maß an Steuern, aber der
Bauernkrieg von 1525 zeigte wohl unmißverständlich, daß diese Belastung die
Grenzen des Erträglichen längst überschritten hatte.

Die Urkunden des 16. und 17. Jahrhunderts geben uns schon einen tieferen
Einblick in die Probleme, die die Landesherren wie die Untertanen - wenn auch in
unterschiedlichen Bereichen - beschäftigten. Die reformatorischen Bestrebungen
seit Johannes Huß und Martin Luther setzten zum ersten Mal Zeichen für die
Glaubensfreiheit und begannen das Bewußtsein zu schärfen für eine gegenseitige
Toleranz, die allerdings offiziell erst mit Friedrich dem Großen, wonach jeder
nach seiner fagon selig werden sollte, und wenig später durch die Forderungen der
Französischen Revolution verwirklicht wurde.

Die großen und kleinen Kriege, für die die Röttier Leibeigenen oft durch halb
Europa zogen, um die Interessen irgendeines Landesherren zu verteidigen, waren
nicht vom Gemeinschaftsgefühl, einem gemeinsamen Herren oder gar einem Vaterland
zu dienen, bestimmt oder etwa von der Kameradschaft der Mitstreiter
getragen, wie wir es seit den Freiheitskriegen zu napoleonischer Zeit kennen. Der
Soldat jener Zeit, der auch noch selbst für seine Ausrüstung und Bewaffnung
aufkommen mußte, war Söldner und hatte höchstens eine Beziehung zu dem. was
auf der Habenseite durch Raub. Plünderungen und ein wenig Sold stand, wenn er
das Gemetzel mittelalterlicher und neuzeitlicher Schlachten bis ins 19. Jahrhundert
überhaupt überlebte. Die Daheimgebliebenen waren schon eher eine Gemeinschaft
auf Gedeih und Verderb, wenn es darum ging. Hab und Gut. Haus und Hof in den
herrschaftlichen Auseinandersetzungen zu sichern und zu retten.

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