Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 1.1996
Seite: 132
(PDF, 30 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1996-01/0134
der Juden, wozu vor allem der Viehhandel beitrug. Die Fertigstellung der Eisenbahn
im Jahre 1848 schuf neue und gute Voraussetzungen für den überregionalen
Handel. Ein altes Foto vom Viehmarkt in Lörrach vermittelt die Stimmung, wie
sie noch in den 20er Jahren hier vorherrschte. Eine Bereicherung für die Ausstellung
bedeutet das vor kurzem aufgefundene Rechnungsbuch des ortsansässigen
Weinhändlers Daniel Harburger von 1864 - 69 mit Angaben seiner weitverzweigten
Geschäftsverbindungen.

Jüdisch-christliches Zusammenleben

Heute leben keine Juden mehr in Kirchen, und für junge Leute ist kaum vorstellbar
, wie sich das Zusammenleben zwischen Juden und Christen abspielte. Auch
durch Befragung älterer Mitbürger sind Auskünfte nur über die jüngste Vergangenheit
zu erhalten. Das Konstitutionsedikt von 1809 bedeutete einen ersten
Schritt zur Emanzipation. Trotzdem waren Juden den christlichen Einwohnern
nicht gleichgestellt und mußten Schutzgelder bzw. Sonderabgaben zahlen. Baden
schuf 1862 als erstes deutsches Land ein Gesetz über die bürgerliche Gleichstellung
der Israeliten. Lokale Pressereaktionen zeugen von der liberalen Haltung in
der damaligen Zeit.

Zu wichtigen Bestandteilen des dörflichen Lebens gehörten Feuerlöschordnungen
, welche Dorfbewohner für den Brandfall namentlich einteilten. Da kein Jude
dabei war, schrieb der Synagogenrat von Kirchen 1845 an das Großherzogliche
Bezirksamt und bat um Zuziehung der Israeliten zum Feuerlöschdienst. Offenbar
verfehlte das Schreiben seine Wirkung nicht, denn in der Feuerlöschordnung von
1847 sind jüdische Mitbürger erstmals eingeteilt. Die Gründung der Freiwilligen
Feuerwehr in Kirchen erfolgte dann 1865 unter der Beteiligung vieler jüdischer Mitbürger
, wovon die guterhaltene Stammrolle Zeugnis gibt. Zu den Raritäten der Ausstellung
gehört auch der Ehrenpokal der Freiwilligen Feuerwehr, der seinem Gründungsmitglied
Moses Bloch zum 50 jährigen Jubiläum überreicht worden war.

Spätestens 1862 fühlten sich die Kirchner Juden als Deutsche, und die Teilnahme
am Ersten Weltkrieg war für sie selbstverständlich. Sie waren integriert in das
Vereinsleben ihrer christlichen Mitbürger, aktiv tätig im Leseverein. Fußballverein
. Musikverein und sogar im Evangelischen Frauenverein. Juden verhielten sich
gegenüber ihren christlichen Mitbürgern oft sehr großzügig. Die erste Fußballbekleidung
des FC Kirchen stiftete der Weinhändler Harburger. Max Bloch. Zigarrenfabrikant
in Emmendingen, ermöglichte seiner Heimatgemeinde Kirchen die
Anschaffung eines Leichenwagens und spendete für den Bau einer Festhalle.
Mehrmals empfing er Kirchener Vereine, die sich in Emmendingen aufhielten,
und bewirtete sie festlich.

Nach Fotos und vielen mündlichen Berichten zu schließen, waren Juden in das
dörfliche Leben eingebunden, man respektierte sich gegenseitig, lebte in guter
Nachbarschaft oder auch Freundschaft zusammen.

132


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1996-01/0134