Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 1.1996
Seite: 142
(PDF, 30 MB)
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Großmutter im Rausch psychisch und physisch, so daß das kleine Mädchen um ihr
Leben banste. Er verschuldete den Niedergana und die Verarmung der Familie. Die
Mutter Elisabeths mußte den romantischen Traum einer unerfüllten Liebe mit
sozialer Schmach bezahlen. Als Elisabeth 6 Jahre alt war, heiratete die Mutter den
Fuhrknecht Josef Walter, den Vater von Elisabeths drei Jahre jüngerem Bruder Karl.
Auch Josef Walter entstammte einer nicht legalisierten Verbindung. Die Familie
vergrößerte sich bald. Der kleine Bruder bedeutete für Elisabeth das Ende ihrer
kindlichen Einsamkeit, aber auch eine fast zu große Last der Verantwortung, denn
beide Eltern mußten in die Tabakfabrik zum Arbeiten gehen, und die Kinder waren
den ganzen Tag auf sich selbst gestellt. Wahrscheinlich beflügelten die Erzählungen
der Mutter aus einer besseren Zeit der Gastwirtsleute Kilius Elisabeths Phantasie. Es
erging ihr wie vielen aufgeweckten, sozial isolierten Kindern, sie erschuf sich ihre
eigene Welt in ihren Gedanken. Angeborener Stolz bewahrte sie davor, sich in den

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üblichen Spielereien ihrer Altersgenossen zu verlieren. Ihr hellwacher Geist und ihr
Wissensdurst fielen dem Lehrer der Dorfschule auf. Er erreichte es. daß der Arbeitgeber
der Eltern, der Zigarrenfabrikant Geiger aus Oberweier, ihr den Besuch des
Instituts der Lehrfrauen vom Heiligen Grab in Baden-Baden bezahlte. 1915. drei
Jahre nach der Geburt der jüngsten Schwester, starb die Mutter. Von da an versuchte
E. Walter tapfer und mit bewundernswerter Beharrlichkeit, die Sorge und finanzielle
Unterstützung der Familie mit ihrer eigenen Weiterbildung zu vereinbaren und trotz
aller Widrigkeiten ihr Ziel. Lehrerin zu werden, zu erreichen. Nach langem Warten
wurde sie 1922 mit einer Anstellung in Hänner im Hotzenwald belohnt. Es war ihre
glücklichste Zeit. Hier sammelte sie den Stoff für den „Schmiedledick". Sicher sah
sie sich ihre kleinen Schüler genau an und war bestrebt, in ihr Herz zu blicken, ihr
selbst verwandte Seelen zu finden und diese zu fördern, herauszuführen aus der Enge
der ärmlichen, oft hoffnungslosen Lebensumstände. Für manche blieb das Träumen,
das Freiwerden kraft der Gedanken als einziger Weg. Sicher liebten und verehrten
ihre Schüler sie. aber es muß immer etwas um sie gewesen sein, das ihre Mitmenschen
auf Armeslänge von ihr fernhielt. Der ehemalige Bürgermeister von Kippenheimwei-
ler. Dr. Mächtel. bezeichnete es aus eigener Anschauung als einen ..Stich ins
Hochmütige", der sie umgab. Vielleicht litt sie unter dem Makel der vorehelichen
Geburt, kränkte sie das Wissen, ein wieviel besseres Leben eine legale Verbindung
ihrer leiblichen Eltern für sie ermöglicht hätte. Die äußerliche Beherrschtheit.
..mitteilsam und herb verschlossen, lebendig und doch verhalten" (Mächtel ) zugleich
zu sein, war eine charakterliche Leistung, sich abgerungen gegen ihre Träume und
Sehnsüchte. Weder über den Vater noch über eine unglückliche Liebesbeziehung
sprach sie sich aus. In ihren Mundartgedichten, verkleidet im schwer zugänglichen
Dialekt und komprimiert zu sprachlichen Bildern, wagte sie kleine Ausbrüche.
Vielleicht wäre es mehr gew orden. wenn sie nicht unter den Machthabern des ..Dritten
Reichs" Furcht um ihre Existenz, um ihr Leben hätte haben müssen und wenn nicht
die Sublimation aller inneren Konflikte zu tiefer Frömmigkeit sie zu einem Leben in
christlicher Demut geführt hätte. Ihren schriftstellerischen Erfolg belohnte die
Schulbehörde mit einer Versetzung in die Stadt Freiburg......Ich bin fast gestorben

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