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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 1.1996
Seite: 143
(PDF, 30 MB)
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darin vor Heimweh...", gab sie zu und bemühte sich sofort um eine Rückversetzung
..zu den Bauern". Denn „wenn ich nicht Gottes Erdboden an meinen Fußsohlen spüre,
bin ich nichts." Die Natur und Gott standen ihr näher als die Menschen, weil sie sich
mit ihnen frei von Enttäuschungen. Verletzungen oder Mißverständnissen verbinden
konnte. Früh schon wurde E. Walter schwer herzkrank und konnte nicht mehr
unterrichten. Das bißchen Kraft, das ihr blieb, verschwendete sie auf die Frauen im
Konstanzer Gefängnis, denen ihre Fürsorge galt, bis sie im Juni 1956 mit knapp 60
Jahren in Konstanz starb.

Es ist das uralte, sich wiederholende Muster der verletzten, in ihren Hoffnungen und
Wünschen enttäuschten Seele, deren Durst nach Leben und Erleben nur gestillt
werden kann durch ein selbst geschaffenes Ersatzleben in der Welt der Phantasie. E.
Walters klarer Verstand, ihr offener Blick auf die bedrängende Realität, ihr Mitgefühl
für alle Menschen, besonders die sich plagenden, vom Leben ausgelaugten und
geprüften Mitglieder ihrer eigenen Familie, verboten es ihr, sich allzu weit von der
Wirklichkeit zu entfernen oder den dichterischen Ausweg zum Selbstzweck zu
machen.

So fügt sich zum Vergnügen an der Lektüre eines zum antiquarischen Leckerbissen
ausgewachsenen, fast 60 Jahre alten Jugendbuchs die Hochachtung vor der Autorin,
deren Schicksal auffindbar darin verborgen liegt wie in einem Vexierbild. Als
Hintergrund findet man ein Zipfelchen badische Geschichte und Heimatkunde, das
die gegenwärtige Situation beleuchtet und ihr klarere Konturen verleiht. Man kann
nach den wunden Stellen dieser scheinbar fest gefügten dörflichen Idylle suchen, die
es dem nazistischen Wahnsinn ermöglichten, auch dort seine zerstörerische Kraft
erfolgreich anzusetzen. Man kann die Basis finden für das heutige Erscheinungsbild
der Orte von einst. Tourismus und neue Industriestrukturen haben auch Kippenheim-
weiler und Hänner prosperieren lassen. Die Auseinandersetzung mit fremden Menschen
und Einflüssen ist eine Aufgabe geblieben, eine Herausforderung an das stolze
Bewußtsein traditioneller, lokaler Eigenheiten, eines unverwechselbaren Profils, das
greifbar wird im gewachsenen Dialekt der Region, der Sprache, die direkt aus dem
Herzen kommt, die für jeden Grashalm und jedes Gefühl einen ganz signifikanten
Klang hat.

Ihren „Schmiedledick" allerdings hat Elisabeth Walter nicht im Dialekt geschrieben
. Diese Lektüre sollte einen weiteren Radius haben, sie sollte nicht „reingezogen"
werden können, sie sollte vielmehr demonstrieren, daß Wissenserwerb vergnüglich
sein kann, ohne seine Absicht zu verleugnen. Sie hat ihr Publikum gefunden. Der
eingangs erwähnte Badener. heute 70 Jahre alt. damals ein kleiner, in die Zukunft
träumender, die Gegenwart auskundschaftender 8jähriger. mehr oder minder eifriger
Schüler ist sicher kein Einzelfall. Die Nachfrage nach dem ..Schmiedledick" bei den
Antiquariaten mag dafür der beste Beweis sein. Diese anhängliche Bewunderung
hätte Elisabeth Walter gut getan.

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