Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 2.1996
Seite: 114
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1996-02/0116
„Frau Sulzberger machte immer ein großes ,Gschiß'um das Übernachten. [...]
Weil wir die Jüngsten waren, schliefen wir im Saal [...] und bei uns war es
ausgemacht [...], daß jeder, der dort war, in mehreren Betten schlief, so daß die
Betten immer gebraucht aussahen - am Morgen wurden dir die Betten immer
gemacht."

Wie es scheint, wurde der „Storchen" als aufgezwungener Ort der Übernachtung
empfunden. A.V. erinnert sich, daß jene, die dazu in der Lage waren, an den
Wochenenden nach Hause fuhren - als Münchnerin war aber dies für sie unmöglich
. Trotz der Einrichtung des Lesesaals wurde der „Storchen" von den Bewohnern
nie als Zuhause empfunden. Die darin enthaltene Bibliothek ist im SS 48
verlegt worden, da sie offenbar von den Studenten kaum benützt wurde841.

Nach Dr. Storcks Entlassung wurde die Betreuung des Heims dem Lörracher
Gymnasiallehrer und späteren Oberstudiendirektor Heinrich Funck übertragen85).
Dieser war Vater zweier Gaststudenten und hatte sich schon bisher an der Organisation
beleihst, wie sich G.L. erinnert:

„[Funck] sorgte dafür, daß wir die Pässe bekamen und daß man die Zeitkarten
hatte (du mußtest diese ja jeden Tag abstempeln oder stempeln lassen), daß wir
die Essenskarten für den „Storchen" am Abend bekamen... Er hatte sein Büro in
seinem Haus. Und wenn er nicht dort war, machte es seine Frau oder seine
Tochter [...] er verteilte die Karten ohne jegliche Bürokratie, und du konntest sie
[die Funcks] um alles fragen, was du brauchtest, oder [du konntest dich an sie
wenden] wenn du eine Beschwerde hattest."

Als erste Hürde auf ihrem täglichen Weg zur Universität hatten die Studenten
die Grenze zu überwinden. Durch den Krieg und die Besetzung Deutschlands war
der früher rege Grenzverkehr praktisch zum Erliegen gekommen. Vor allem zu
Beginn der Aktion waren Grenzkarten, ohne die der Übertritt in die Schweiz
unmöglich war. ein seltenes Privileg. Wer die Grenze ohne gültige Grenzkarte
überquerte, riskierte eine strenge Bestrafung durch die Franzosen: Im Oktober
1947 wurden vor Semesterbeginn zwei Gaststudenten beim illegalen Grenzübertritt
erwischt, von der Aktion ausgeschlossen und von französischen Gerichten zu
mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt!861

Die Karten der Gaststudenten wurden auch nur semesterweise und auf die Vorlesungszeit
beschränkt erteilt. Wer in den Ferien in Basel Institute und Bibliotheken
aufsuchen wollte, mußte sich um eine zusätzliche Genehmigung bemühen,
was die Franzosen aber nur beschränkt und gegen eine wissenschaftliche Begründung
der Basler Universität gestatteten87).

G.L. erinnert sich, daß Grenzkarten auch bei der Hin- und Rückfahrt abgestempelt
wurden, um die Studenten daran zu hindern, in Basel zu übernachten. Einigen
findigen Studenten aber gelang es offenbar, diese Stempel zu fälschen, damit sie
über Nacht in der Schweiz bleiben konnten.

Mehrere Zeitzeugen berichteten von der Strenge der französischen Zöllner beim
Warenverkehr. A.V. sagte, daß diese manchmal die Bücher der Studenten Seite
für Seite nach Briefmarken durchsuchten. Der Verdacht der Franzosen war auch

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