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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 2.1996
Seite: 118
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1996-02/0120
tät. Professor Adolf Portmannvermied er. die jungen Deutschen als Studenten
zu bezeichnen. Er sprach vielmehr von einer ..Horde wißbegieriger Leute", von
..unerwünschten Zuzügern". ..Grenzfahrern" und ..Päckliträgern".

Professor Hans Zickendraht, ebenfalls am Physikalischen Institut tätig, war
grundsätzlich damit einverstanden, den Teilnehmern der Markgräfleraktion die
Kolleggelder zu erlassen. ..Was bleibt uns denn anderes übrig, als geduldig ja zu
diesen .Miniaturaktionen'zu sagen?", fragte er Universitätssekretär Jakob Bolli
am 21. Mai 1947. Er konnte sich aber die folgende Bemerkung nicht versagen:

„ Vergissi man denn ganz, dass viele von diesen Studenten vor wenigen Jahren
noch ganz andere Töne gegen die kleine Schweiz angeschlagen haben und sofort
in denselben Ton verfallen würden, wenn es ihnen wieder besser ginge?"9S>

Der säuerliche Ton Zickendrahts zeugt von großer Skepsis gegenüber den Deutschen
. Der Professor befürchtete, daß die Deutschen wieder übermächtig werden
könnten, wenn sie aus ihrer mißlichen Lage befreit würden. Den Gesinnungswandel
der Deutschen stufte er nur als vorübergehend ein. Er konnte vom alten Feindbild
der Schweizer nicht Abstand nehmen.

Die vor allem durch den Krieg geförderte Abneigung gegen alles Deutsche saß
auch in den Köpfen der übrigen Basler Bevölkerung fest. A.V. machte bei ihrer
ersten Gastfamilie die Erfahrung, daß alle Deutschen in den gleichen Topf geworfen
wurden, .ich mußte diese Familie verlassen, als der Vater beim Mittagessen
meine Landsleute kollektiv als , Nazis "beschimpfte."

Manchmal mußten sich die deutschen Gaststudenten im Tram böse Blicke gefallen
lassen. Der ehemalige Schweizer Student K.H. erinnert sich, wie die einheimischen
Passagiere den Kopf drehten, wenn sie ein hochdeutsches Wort vernahmen.
J.H..der nach dem Krieg einen tschechischen Studenten bei sich aufnahm, wurde
sogar einmal Zeuge einer .Anpöbelei". Das Opfer war aber kein Deutscher, sondern
ein Holländer, der mit deutlich erkennbarem holländischen Akzent Hochdeutsch
sprach. ..Die Basler waren derart blind vor Hass gegen alles Deutsche,
dass sie nicht einmal mehr einen Holländer erkannten", stellte J.H. lakonisch fest.

Ein fremdländischer Akzent konnte aber auch hilfreich sein. A.V. sagte, daß sie
dank ihrer bayerischen Sprechweise nie offen diskriminiert worden sei. ..Die Leute
wußten nie so genau, ob ich Österreicherin oder Deutsche war." Erst recht von
Vorteil war die Beherrschung des alemannischen Dialektes. M.E. und E.H. erklärten
unabhängig voneinander, daß es ihnen viel schwerer gefallen wäre, mit Einheimischen
in Kontakt zu kommen, wenn sie nur Hochdeutsch gesprochen hätten.

Im Vergleich zu ihren Herkunftsländern kam den Gaststudenten die Schweiz
wie ein Schlaraffenland vor. in dem die Läden voller Waren und die Menschen
wohlgenährt und gut gekleidet waren. Der Markgräfler Student Franz Rieger erfreute
sich an der „höflichen Korrektheit des Straßenbahnschaffners"* und an den
..dicken und unerschütterlichen Gesichtern der Basler Polizisten":

„Da ist Wohlhabenheit und zurückhaltende Eleganz - kurzum ein wohlgeschonter
Rest jenes gutbürgerlichen Lebens, das man früher 'europäisch' hätte nennen
können."

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