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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 2.1996
Seite: 165
(PDF, 35 MB)
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Es folgten weitere Verhöre und am 21. Oktober eine neue Anklage: „Hochverrat
" wegen eines angeblich an die Franzosen übermittelten Dokuments - doch
ohne jeglichen Beweis.

A.K.. bis ins Innerste seiner Seele bedrückt durch die Nachricht vom Neuweg.
ist mehr denn je entschlossen, mit aller Kraft gegen die von oben diktierte Falschbeschuldigung
anzukämpfen. Ende März 1915 endlich ist die Untersuchung beendet
, und Staatsanwalt Urnau gibt seinen Schlußantrag bekannt, worauf der Oberste
Gerichtshof zu Leipzig die Einstellung des Verfahrens und die Aufhebung des
Haftbefehls beantragt. Statt der erhofften Freilassung kam jedoch die bestürzende
Nachricht: „Ein Angeklager bleibt verdächtig, solange er seine Unschuld nicht
bewiesen hat!"

A.K. seinerseits hätte die Weiterführung des Prozesses einer Verfahrenseinstellung
vorgezogen, und zwar aus folgender Überlegung:

Er hatte als Advokat keinen geringeren als Konstantin Fehrenbach, den späteren
Reichskanzler! Dieser notorische Antimilitarist. obwohl kein Freund des Elsaß,
hatte die Verteidigung Kannengiesers angenommen. Im Falle eines objektiv geführten
Prozesses hätte er Einsicht in alle Akten gehabt und die Ankläger in
Schwierigkeit und Bedrängnis gebracht. Er nahm sich den Fall sehr zu Herzen,
doch all sein Bemühen, ja selbst seine Intervention im Berliner Reichstag waren
vergebens. Auch das spätere, wie auf die Affäre Kannengieser maßgeschneiderte
Schutzhaftgesetz von 1916 vermochte daran nichts zu ändern.

Die kranke Cousine A. Kielwasser wurde für einen Monat ins Spital gebracht.
Der Untersuchungsrichter, des skandalösen Unrechts ihrer Inhaftierung bewußt,
ließ sie wohlwollend zu den Schwestern des Carolushauses bringen...Schlimmer
als im Gefängnis! Sie. die eigentlich nur als Zeugin verhört werden sollte, wurde
nach 27 Monaten Haft nach Westfalen deportiert...

Im Juli 1915 war dann der Freiburger Aufenthalt beendet, und der angebliche
Spion wurde ins Straßburger Gefängnis überführt. Hier, im sogenannten ..Raspel-
hüs". blieb er bis zum Herbst 1916. allerdings mit besseren Haftbedingungen und
mit 8 Leidensbrüdern in der Zelle.

Aber im November dieses Jahres war er schon wieder bei den ..Auserwählten*',
diesmal als Deportierter nach Holzminden in Westfalen. Ein schrecklicher Winter
in ungeheizten Baracken, eine unbeschreibliche Karawanserei, ein Gemisch von
Belgiern. Negern. Russen. Brasilianern, alles durcheinander, vom Professor bis
zum letzten Lumpenpack...und Heerscharen von Wanzen!

Doch schon im Mai 1917 ging es wiederum zurück ins ..Raspelhüs", diesmal für
drei Monate, denn bald darauf - Ende August - zog er zum vierten Mal aus, und
zwar nach Mülhausen. Na gut. wenn es sein muß! A.K. gewöhnte sich so langsam
dran! Im Gefängnis an der Ensisheimer Straße traf er gleich einige Leidensgenossen
, u.a. den Hüninger Pfarrer Dussere. welcher hier seit 9 Monaten siechte - mit
Redeverbot!

Rasch wechselte er dann noch zwei weitere Male, und zwar zu einem kurzen
Zwangsaufenthalt nach Welver in Westfalen und endlich nach Wolfach im

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