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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 91
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0093
Schellenbergs Predigt gliedert sich klassisch nach einer Vorrede in drei Teile, in
denen er aus den Geschehnissen in Lörrach und Staufen Konsequenzen für die
Frömmigkeit seiner Gemeinde zieht. Den Rückblick auf die Zeitereignisse nahm er
erstens zum Anlaß, um die Notwendigkeit des Dankes Gott gegenüber zu erweisen.
Zweitens forderte er zur Demut vor Gott auf. um drittens Buße und Heiligung des
Lebens zu fordern. Den Grund der Dankbarkeit erkannte Schellenberg in der Bewahrung
der Lörracher Gemeinde vor großem Leid. Denn in den Tagen des revolutionären
Sturms und der Verwirrung waren keine menschlichen Verluste zu beklagen
gewesen, was der Vikar auf Gottes Gebetserhörung zurückführte. Dadurch sei
den Regierungstruppen eine ..gute und menschenfreundliche Gesinnung in das Herz
gegeben*' worden. Die Sieger unter General von Hoffmann hatten sich nämlich ihren
unterlegenen Gegnern gegenüber unerw artet milde erwiesen. Das Gericht war ausgebheben
. Darum konnte Schellenberg diese Erfahrung im Sinne von Psalm 46
interpretieren, wonach Gott derjenige ist. ..der den Kriegen steuert in aller Welt, der
Bogen zerbricht. Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer verbrennt"' (Psalm 46.10).
Das gute Ende dieser Prüfung Gottes implizierte für Schellenberg nun die Notwendigkeit
, daß sich die Gemeinde über ihr Verhalten Rechenschaft gebe.

Im zweiten Teil der Predigt werden die Fragen erörtert, ob sich der zurückliegende
Aufstand vor dem ..Richterstuhle Gottes" rechtfertigen lasse, und welche Motivationen
ausschlaggebend gewesen seien. Gerade die Diskussion um die Beweggründe
der Revolutionäre nahm im zeitgenössischen Diskurs weiten Raum ein. Dabei galt
es meist, die Aufständischen zu desavouieren und ihnen eigennützige und asoziale
Impulse zu unterstellen. Auch liberale Theologen aus der schweizerischen Nachbarschaft
, wie etwa der Münchensteiner Pfarrer Alois Emanuel Biedermann (1819-
1885). beurteilten die deutschen revolutionären Aufbrüche sehr kritisch und deuteten
sie gerne als Erscheinungen der Fasnacht.:51 Schellenberg bezweifelte die soziale
Notwendigkeit und den politischen Nutzen des Septemberaufstandes und kritisierte
heftig die Gedanken- und Verantwortungslosigkeit der Revolutionäre. Doch wollte
er damit keineswegs Recht und Notwendigkeit gesellschaftspolitischer Reformen
bestreiten. Vielmehr erkannte er in den erforderlichen Neuordnungen eine langfristi-
ge Verantwortung der ganzen Nation und ihrer besten Kräfte. Den Septemberaufstand
verurteilte er unter Nennung von Jesus Sirach (3.27f.) als ein Unterfangen, das
den demokratischen Reformbemühungen großen Schaden zugefügt habe, weil man
nicht vernünftig gehandelt habe. Wie zahlreiche seiner konservativen Amtsbrüder
bescheinigte er Struve und seinen Konsorten einen Mangel an sittlichem Ernst.
Gewissenhaftigkeit und Besonnenheit. Doch blieb der Lörracher Geistliche nicht bei
diesem Urteil stehen, sondern fragte selbstkritisch nach der Rolle der Gemeinde in
den zurückliegenden Wochen. Sein Urteil lautet: Die Christengemeinde hätte sich
den Aufständischen gegenüber eindeutiger verhalten und sich offensiver mit ihnen
auseinandersetzen müssen. Schellenberg beklagte zudem die zu kurz gekommene
Diskussion mit den Aufständischen über ihre Motivation und ihre Anliegen. Dabei
gestand er aber ein. der Aufstand wäre letztendlich nicht zu unterdrücken gewesen
.

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