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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 95
(PDF, 36 MB)
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schwierigen und spannungsvollen Situation ein Wort des Trostes und der Ermahnung
zu sprechen. Seine Ansprache beabsichtigte unter Ausschluß möglicher
Provokationen, wenigstens Eskalationen der Gewalt Einhalt zu bieten.

Außer dieser umstrittenen Rede wurden schließlich auch seine Rede vor der Lörracher
Lesegesellschaft am l. Juni und seine Predigt vom 3. Juni 1849. in der er sich
dem Gebot, daß wir das Leben für die Freunde lassen sollen, widmete, in Augenschein
genommen. Anhand des ersten Johannesbriefes (3.3-22) erklärte Schellenberg
zunächst den historischen Kontext des Gebotes: Er beschreibt die Zeit als
Kampf des Christentums mit dem ..Heidenthum"' und dem .Judenthum". In dem
Kampf hätten viele Christen das Leben gelassen. Von dieser historischen Basis aus
erfolgte die Auslegung und Anwendung des biblischen Textes für die Lörracher. bei
der Schellenberg die Differenz zwischen den beiden Epochen betonte. Denn „jeder
darf jetzt ungestört seinen Glauben leben"". Doch die Gegenwart, die Revolution, ist
für Schellenberg auch eine Zeit des Kampfes für das Christentum: ,JEs handelt sich
gegenwärtig darum, die Völker in die ihnen gebührenden und verheißenen Rechte
einzusetzen. Gerade dadurch aber wird das Christenthum, die Religion der Liebe
erfüllt und die menschliche Gesellschaft soll im Sinne Jesu eine heilige Bruderfamilie
seyn. in der alle Glieder vom Geist der Liebe umschlungen derselben Rechte
theilhaftig sind nach dem Worte des ewigen Meisters: Ihr wisset, daß die weltlichen
Fürsten herrschen. So soll es aber nicht seyn. das ist das Ziel, um das es sich
gegenwärtig in unserm deutschen Vaterland handelt. Das Christenthum soll auch in
dem geselligen und bürgerlichen Leben zur Wahrheit gemacht werden." Dieses
Anliegen wurde aber auch - freilich mit anderen Perspektiven - von solchen Pfarrern
vertreten, die den demokratischen Bewegungen ablehnend gegenüberstanden.

Im weiteren Verlauf seiner Predigt benennt Schellenberg einige Ursachen der
Aufstände. Die Obrigkeit habe durch ihr Verhalten einen Teil dazu beigetragen, daß
auch in Baden ein heftiges militärisches Ringen entbrannt sei. Doch fügte er kritisch
an. dieser Kampf sei zu voreilig und unbesonnen begonnen worden. Um das Leben
für dieses Engagement einzusetzen, bedürfe es des rechten Zeitpunktes, der aber
noch nicht eingetreten sei. Schließlich wandte er sich noch dem Sterben für die
Überzeugung zu. Mit eher seelsorgerlicher denn politischer Absicht hob er die Vorzüge
des Todes für die Ideale gegenüber dem Tod ..nach dem gewöhnlichen Lauf
der Natur, dem Tod in ohnmächtigem Kampf der ärztlichen Kunst gegen die unerkannte
Gewalt der Natur'" hervor.

Der Polizeibericht läßt erkennen, wie dürftig und vage die Beschuldigungen
Schellenberg gegenüber waren. Von Beweisen und Zeugen etwa ist keine Rede. Der
Brigadier versuchte, seinem Bericht Gewicht zu verleihen, indem er auf die engen
Verbindungen mit dem Brombacher Pfarrer verwies. Das Bezirksamt gab sich mit
diesem polizeilichen Schreiben auch nicht zufrieden und befahl die Angabe von
Zeugen, die knapp zwei Wochen später von Hildenbrand benannt wurden.3*1' Dabei
handelte es sich um zwei Frauen, deren Männer als Grenzaufseher und Zöllner in
obrigkeitlichen Diensten standen. Beide konnten über den Inhalt der Predigt keine
Auskunft geben.

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