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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 97
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0099
Noch konnte man die Folgen des Übertritts des Militärs zu den Aufständischen für
Lörrach und das Umland nicht abschätzen. Die Konsequenzen antirevolutionären
Verhaltens und Predigens hatten nämlich zwischenzeitlich die beiden Pfarrer aus
Rötteln und Schallbach zu spüren bekommen. Ihre Erlebnisse zeigen, wie angespannt
die politische Situation im Sommer 1849 im Wiesental war. und lassen
erkennen, warum sowohl Schellenberg als auch Hitzig versuchten, sich moderat zu
äußern. Der Rötteler Geistliche August Wilhelm Ludwig (1815-1901 )38' wurde am
Sonntag, dem 25. Juni 1849. nach dem Gottesdienst zusammen mit einem Bekannten
im Namen der provisorischen Regierung verhaftet. In seinem Tagebuch schreibt
er: ..Wir wurden beide dann hinabgeführt an die Wiesenbrücke bei Tumringen. Dort
hatte sich eine Freischarenabteilung mit Musik und unter der Führung des polnischen
Obersten Raquillet aufgestellt, von einem großen Haufen Neugieriger umgeben
. Es hatte sich nämlich damals in der Umgegend von Kandern und Lörrach eine
Art Gegenrevolution gebildet. Da wurden dann von den Revolutionsbehörden verschiedene
Freischarenhaufen abgesandt, um die Widerspenstigen zu bändigen oder
gefangen zu nehmen."'91 Als Ludwig durch Rötteln lief, soll ein Nachbar gerufen
haben: .Der chömmt nümme." Ludwig wurde mit anderen nach Kandern geführt,
dort gefangen gehalten und am nächsten Tag vor ein Gericht gestellt, wo er erklärte,
er sei keines Vergehens schuldig. Im Gottesdienst habe er sich für die rechtmäßige
Obrigkeit ausgesprochen und für den Großherzog gebetet. Doch das galt in den
Augen mancher radikaler Demokraten als Kapitalverbrechen. Nachdem Ludwig wenig
später ins Lörracher Amtsgefängnis überführt worden war. wo er weitere drei
Tage einsitzen mußte und den Schallbacher Pfarrer Karl Lorenz Peter (1812-
1897)40' als Mitgefangenen antraf, kam er am 29. Juni frei.

Auch Schellenberg wurde - eigenen Angaben zufolge - nach seiner Predigt von
einigen Radikalen angegriffen, da er sich angeblich - auch im bürgerlichen Lesever-
ein - ablehnend gegenüber einer republikanischen Verfassung für Deutschland ausgesprochen
hatte. Sein Interesse galt vielmehr einer konstitutionellen Monarchie und
einem Staat, der ein friedliches Dasein mit Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit
ermöglichte. Nach der Erklärung zum 1. Juni äußerte sich Schellenberg zur Betstunde
vom 23. des Monats. Seine Ausführungen lassen die nicht mehr präzise zu
rekonstruierenden Entstehungsbedingungen dieser religiösen Versammlung wenigstens
skizzenhaft erkennen. Anscheinend war Schellenberg von Vertretern der provisorischen
Regierung nachdrücklich aufgefordert worden, eine Andacht zu halten.
Daraufhin wandte sich Schellenberg wiederum an seinen Vorgesetzten, den Lörracher
Dekan Hitzig, um das Problem zu besprechen. Hitzig erklärte, wenn die Leute
ein religiöses Bedrängnis treibe, müsse man nachgeben.411 Mit dieser erstaunlichen
Antwort konnte der Dekan zwar eine Provokation der radikalen Demokraten vermeiden
, setzte damit aber seinen Vikar der Kritik der konserv ativen Lörracher aus.
Schellenberg mußte nun versuchen, diese prekäre Situation unbeschadet zu meistern
. Mit Bezugnahme auf seine Predigt vom Oktober 1848. die er den Untersuchungsakten
beilegen ließ, erklärte er seine Abneigung gegen jegliche gewalttätige
Revolution und die Einrichtung der Republik.

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