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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 125
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0127
Um die Echtheit dieses dramatisch gestimmten Schreibens zu gewährleisten,
soll es hier in seiner Ganzheit wiedergegeben werden. Ein einmaliges Dokument.

Limoges, den 16. Juli 1940
Mein lieber Herr Dr. Hermann Burte.

Es hatte mich sehr gefreut, ein paar Wochen vor Kriegsausbruch, als ich von
einer langen Reise aus Afrika zurückkehrte, durch unsern gemeinsamen Freund,
den elsässischen Maler L. Bienäpfel Ihren Gruß und ein Lebenszeichen von Ihnen
zu erhalten. Es hätte mich auch schon lange sehr gefreut, Sie und die Lörracher
Freunde wieder einmal zu sehen, aber leider war ich infolge meiner langen Reise
in Nordafrika immer daran gehindert.

Seither ist nun der Krieg ausgebrochen. Ich w urde gleich zu Anfang wieder zum
Militär einberufen: seit meiner Entlassung habe ich wieder meine alte Arbeit
aufgenommen, bei der Straßburger Firma (einer elsässischen Firma, bei welcher
ich seit langen Jahren als Reisender beschäftigt bin) und welche seit dem Kriegsbeginn
ihren Wohnsitz von Straßburg vorläufig nach Innerfrankreich, in die Stadt
Limoges (Departement Haute-Vienne) verlegt hat.

In der Zukunft werde ich vielleicht vor manche Probleme gestellt werden. Es
könnte leider geschehen, daß ich trotz meines Wirkens für das Alemannentum und
die alemannische Kunst dem Gesetze nach zum Nichtschreiben und zur Rechtlosigkeit
verurteilt, und in alemannischen Landen von nun an der Heimatrechte
verlustig wäre.

Es beständen dann zwei Möglichkeiten für mich: entweder fem der Heimat zu
leben oder, was viel schwerer wäre, in der Heimat ein Rechtloser zu sein.

Nur Sie können mich verstehen, wie es für mich unsagbar schwer wäre, aus
meiner alemannischen Heimat herausgerissen zu werden, wo ich mich mein ganzes
Leben hindurch nur als Alemanne gefühlt habe, wo mein ganzes Wesen und
und Schaffen stets und nur im Alemannentum verankert war: im tiefstem Wesen
und Blut der Heimat. Nur Sie können es begreifen, was es mir bedeuten müßte,
dem allem entsagen zu müssen, wo Sie selbst im Tiefsten in diesem Alemannentum
verankert sind, wo Ihr Bestes und Reinstes aus dieser alten und heiligen Quelle
geschöpft ist, wo Sie ganz mit dem alemannischen Lande verwachsen sind.

Müßten Sie nicht daran verbluten, wenn Sie aus all dem herausgerissen würden,
wenn Sie auf Ihre alemannische Heimat verzichten müßten, wenn Sie die Luft
dieses Landstrichs nicht mehr atmen dürften, oder wenn Sie in diesem von da ab
als Entrechteter, als des Heimatrechts Beraubter unter ihrem Volke leben müßten.

Um gestalten zu können und schöpferisch tätig zu sein, muß man sich innerlich
frei und stark fühlen, und den Kopf hoch tragen dürfen.

Ich könnte es nie glauben, daß mich Deutschland des Herrlichsten und Höchsten
berauben könnte, was es gibt: der alemannischen Heimat und des alemannischen
Heimatrechtes.

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