Freiburger historische Bestände - digital

In diesen Jahren hatte Erich Aey etliche Damenbekanntschaften, wie Erinnerungsfotos
belegen: Etwa das einer jungen Frau, das die Datierung „Valencien-
nes - Namur. Oktober 1918'" trägt. Auf der Rückseite des Fotos steht: ..Meinem lb.
Erich zur Erinnerung an schön verlebte Stunden von seiner treuen Freundin Liesel
Geigenfeind"". Oder das eines adligen Fräuleins mit Pferd, das er 1917 in Saulgau
kennenlernte. Wieder ein anderes schickte ihm ein Frl. Alberti. datiert ..Heidelberg
Juli 1918". Und ein eher bieder wirkendes Mädchen, wahrscheinlich eine Kollegin
Aeys am Stadttheater Greifswald, schrieb ihm mit Datum vom 28. Dezember 1918
folgende Widmung auf ihr Foto: „Meinem lieben Herrn Aey. Erinnerung an die
Spielzeit 1918/19 und Pummelchen**34'.

Neben seinem Engagement am Greifswalder Stadttheater war Aey im Vorstand
des ..Klub Harmonie Greifswald"" tätig, der neben anderen Aktivitäten zu einem
..Unterhaltungsabend mit darauf folgendem Ball" - Abendtoilette war Pflicht -
..ergebenst" einlud: ..Der Reinertrag ist für die Hinterbliebenen der gefallenen
Greifswalder Krieger bestimmt."35'

In Greifswald begann wohl auch Aeys lebenslange Begeisterung für närrisches
Treiben in jeder Form, an dem er dann später in Südbaden Jahr für Jahr aktiv
teilnahm. Zum Karneval, wohl 1919. veranstalteten die Mitglieder des Greifswal-
der Stadttheaters ein großes Kostümfest, dessen Reinerlös wieder an die Kriegsgefangenen
und die Hinterbliebenen der Gefallenen überwiesen wurde. Hier saß Aey
im Elferrat, der sich in der pommerschen Stadt allerdings ..Der Schultheiß und die
Schöffen von Ulkenhausen" nannte.'6'

1920 ging Erich Aey wieder mit den Gebrüdern Faßnacht auf Tournee, diesmal
freilich nicht mit der Totschlagsrevue von ehedem, sondern mit dem Passionsspiel
, für das eine Gastspielreise mit Aufführungen in rund 20 Städten geplant
war. Aey stieß in Breslau zu der Truppe und wirkte während der Tournee als
Bühnenbildner und Schauspieler mit. Das Innere der Breslauer Jahrhunderthalle
verwandelte er in das antike, von den Römern besetzte Jerusalem. Im Stück spielte
er den jüdischen Hohepriester Kaiphas.37)

Die Inszenierung ließ einen Hang zur Gigantomanie ahnen: 1000 Quadratmeter
maß die Bühne, und als Volk wirkten 800 Statisten mit. Ein großes Orchester und
..die größte Orgel der Welt" begleiteten 200 Sänger und Sängerinnen. Premiere
war am Mittwoch, dem 31. Juli 1920. bis zum 15. August waren 20 Aufführungen
in der 6500 Sitzplätze fassenden Halle geplant. Aber wegen des großen Andrangs
mußte die Spielzeit bis zum 22. August verlängert werden.38' Anschließend ging
die Inszenierung auf Reisen, unter anderem nach Frankfurt am Main. Regensburg.
Augsburg und wieder, wie zuvor 1916. nach Karlsruhe.39'

Vermutlich zum Jahresende 1920 verließ Erich Aey das Ensemble. Er scheint
sich um diese Zeit in Anklam niedergelassen zu haben, wo er in der Baustraße 10
wohnte. Im selben Jahr wurde auch das Elternhaus in Lehnitz verkauft. Die Mutter
. Pauline Aey. inzwischen 70 Jahre alt, zog zu ihrem Sohn. Aey eröffnete in
Anklam. Am Markt 27. eine Kunsthandlung, an die eine Kunstwerkstätte angeschlossen
war.40' „Dauernde Ausstellung von Ölgemälden. Gravüren. Stichen. Ge-

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