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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
64.2002, Heft 2.2002
Seite: 145
(PDF, 32 MB)
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emotional aufgeladene Fremdwahrnehmungen erzeugt hatte, verdeutlicht ein Artikel
im Oberbadischen Volksblatt vom 25. August 1919 über die sogenannte
schweizerische „Valutagängerei":

„Ein eigenartiges Schauspiel bietet sich in den letzten Tagen in unserer
Stadt und an der Grenzpassierstelle Stetten. Infolge der schlechten Valuta
kommen die Basler nunmehr scharenweise nach dem während der
Kriegszeit sonst so verpönten ,Schwobeland", um Waren aller Art einzukaufen
. Am Freitag und Samstag sah man hochbeladene Wagen mit
Koffern, Fahrrädern, Eimern, Kinderwagen und Möbeln nach der Grenze
fahren, während hunderte von Einzelpersonen hochbepackt die Grenze
überschritten. Die schweizerische Zollstation konnte dem unerwarteten
Ansturm kaum Herr werden, da diese Waren alle verzollt werden
mußten."23»

Andererseits kam der Nähe zur Schweiz in Zeiten großer Not besondere Bedeutung
zu. Schon unmittelbar nach Kriegsende hatte ein Basler Fabrikant täglich ein
Fass Suppe in seinen Geburtsort Tumringen bringen lassen. Im Krisenjahr 1923
spendete die Basler Bevölkerung 22369 Franken für die Versorgung Lörrachs.24'
Während der Inflation in jenem Jahr verlor die Deutsche Mark phasenweise stündlich
an Wert, wogegen die Schweizer Währung weitgehend stabil blieb. Verwundert
es da, dass Lörracher Arbeiter bei Unruhen im September 1923 unter anderem
eine Sonderlohnzahlung von zusätzlich fünfzig Franken pro Kopf forderten, die
ihnen schließlich auch gewährt wurde.251

Neben der Entwicklung an der deutsch-schweizerischen Grenze kam es in der
Folge des Ersten Weltkrieges zu einer weiteren, einschneidenden Änderung in der
Region. Elsass-Lothringen war nach 1918 wieder französisch geworden, der Oberrhein
damit zur deutsch-französischen Grenze. Die Regelungen des Grenzübertrittes
zwischen den beiden Ländern wurden ein noch schwierigeres Unterfangen als
zwischen Deutschland und der Schweiz. Für die Menschen im Rheintal brachte
dies zahlreiche Schwierigkeiten mit sich. Hatten sich das Elsass und Baden bis
1914 zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum entwickelt, so rückten beide Regionen
durch die wieder entstandene Grenze an den Rand ihrer Nationalstaaten. Während
elsässische Firmen aufgrund von handelspolitischen Regelungen des Versail-
ler Vertrages noch bis 1925 Waren zollfrei nach Deutschland einführen konnten,
verloren badische Firmen aufgrund von hohen Zöllen ihr Absatzgebiet westlich
des Rheins.261 Weitreichend waren auch die Auswirkungen auf die Lebensmittelbeschaffung
. 1925 wandte sich der Lörracher Bürgermeister Erwin Gugelmeier
mit folgendem Anliegen an das Innenministerium in Karlsruhe:

„Die Stadt Lörrach ist, ähnlich wie die Stadt Rastatt, am kleinen Grenz-
verkehr mit dem Elsaß besonders interessiert. In früheren Jahren ist das
meiste Gemüse, das in Lörrach, Schopfheim, Säckingen, Zell, Schönau,
Todtnau und in den kleineren Kurorten längs des Wiesentales gebraucht
wurde, von Neudorf [Village Neuf] aus herüber gekommen. Seit der
Bildung der neuen Grenze hat dieser Verkehr fast ganz aufgehört."27'

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