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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
66.2004, Heft 1.2004
Seite: 51
(PDF, 26 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2004-01/0053
Zweifellos war Helene Piutti öfters unterwegs, auch als Teilnehmerin an Ärztekongressen
und auch in Übersee. So ist sie etwa auf einem überlieferten Foto
inmitten einer großen Zahl von Standeskolleginnen und -kollegen zu erkennen. Es
soll 1930 in den USA aufgenommen worden sein. Größere zeitliche Lücken zwischen
den Geburten im Doktorhaus lassen auf möglicherweise sogar ausgedehnte
Reisen schließen. Während dieser Phasen kam dann Hebamme Berta Wagner in
Auggen verstärkt zum Einsatz.

Doch die obige Aufnahme dürfte vor einem Inlandsflug entstanden sein. Auf der
am Flugzeug angebrachten Tafel lassen sich die Städtenamen Stuttgart und Freiburg
ausmachen. Vermutlich handelte es sich um den Flugplatz in Freiburg, wo die
Luftverkehrslinie von Freiburg nach Stuttgart am 3. Juli 1926 mit der Junkers F 13
ihre Eröffnung gefeiert hatte. Angeblich sollte die Flugzeit je nach Wetterlage nur
zwischen 22 und 60 Minuten liegen und der Preis von 20 Mark für die einfache
Strecke entsprach dem Fahrpreis zweiter Klasse mit der Eisenbahn.46' 1930 erfuhr
die Fluglinie eine Erweiterung nach Villingen und Konstanz47' und ein Jahr später
sogar Anschluss an die Linie Frankfurt-Konstanz48'

Ein hochinteressanter Fall aus ihrer Praxis, bei dem es um ein psychosomatisches
Phänomen ging, veranlasste Helene Piutti zu einem kurzen Aufsatz, der
zunächst in der in Wien erscheinenden .Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik
" veröffentlicht und ein paar Jahre später noch einmal in den „Almanach des
Internationalen Psychoanalytischen Verlags" aufgenommen wurde.49' Der letztgenannte
Verlag war übrigens 1919 von Sigmund Freud, dem berühmten Neurologen
und Psychiater, gegründet worden. Mit ihm verband Helene Piutti einiges, sie soll
ihm auch persönlich nahegestanden haben.50' Jedenfalls bediente sie sich des therapeutischen
Einsatzes von Hypnose, womit sich Sigmund Freud besonders in den
Jahren 1887 und 1888 beschäftigt hatte. Die Fähigkeit hierzu habe sie bereits während
ihrer Tätigkeit als Rote-Kreuz-Schwester im Ersten Weltkrieg entdeckt.

Dieses, zu jener Zeit noch stark mit dem Ruch des Geheimnisvollen und Gefährlichen
behaftete Vermögen wurde irgendwann einmal auch den häufig bei Dr. Piutti
zu Besuch weilenden Nichten und Neffen offenbar. Die verunsicherten Kinder
glaubten daraufhin, der Tante nicht mehr direkt in die Augen sehen zu dürfen. Sie
befürchteten wohl, sich damit der Gefahr einer Art von Verzauberung auszusetzen.
Helene Piutti reagierte mit schallendem Gelächter, als das schüchterne Eingeständnis
der Kinder den Grund ihres eigenartigen Verhaltens aufdeckte, ehe sie zur
Aufklärung schritt.

Humor war überhaupt eine der herausragenden Charaktereigenschaften der Ärztin
. Gerne spielte sie ihren Mitmenschen harmlose Streiche. Auf der anderen Seite
konnte sie aber auch sehr streng und ernsthaft sein. Sie wird als respekteinflößende
und selbstdisziplinierte Persönlichkeit geschildert. Ihr energisches, von starkem
Selbstbewusstsein geprägtes Auftreten ließ Einschüchterungsversuche jeglicher
Art im Keim ersticken. Sie war eine moderne, sehr fortschrittlich eingestellte Ärztin
. Bei entsprechenden Außentemperaturen durften sich die Kinder nackt auf dem
Grundstück des Doktorhauses bewegen, was in den 20er und 30er Jahren noch für
einige Irritation sorgte.

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