Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
66.2004, Heft 1.2004
Seite: 62
(PDF, 26 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2004-01/0064
man die gesamte Belegschaft des Doktorhauses. Vermutlich zwischen November
1944 und April 1945 waren alle im Gasthaus „Tanne" in Hintertodtmoos untergebracht
. Während dieser Zeit hatte sich eine deutsche Kommandantur in das Haus
eingenistet. Kriegsschäden erlitt das Anwesen nicht.

Nach dem Einmarsch der Franzosen, die am 23. April 1945 die Trikolore am
Rathaus aufgezogen hatten, nahm die Gefährdung der Bewohner keineswegs ab.
So versuchte ein französischer Soldat aus Nordafrika, der von sich selbst bekannte
: „Je suis Arabe", eine junge Mutter aus dem Doktorhaus zu vergewaltigen. Auf
die verzweifelten Hilferufe von Frau Dr. Neuhaus eilte der Nachbar, Oberlehrer
Johann Jakob Haag, herbei und verhinderte das Vorhaben, nicht ohne dabei seine
Gesundheit, wenn nicht gar sein Leben zu riskieren. Zum Glück ging die Sache
jedoch glimpflich aus.

Als die Verhältnisse langsam begannen sich zu normalisieren und auch die
Geburtenzahlen wieder sanken, war Friedel Neuhaus ausgebrannt. Die extreme
Belastung durch die hohe Beanspruchung im Doktorhaus wie auch außerhalb,
wohin sie als Ärztin stetig gerufen wurde, die Kriegsgefahr und die Nachkriegsnot
- all dies war zuviel geworden, selbst für eine so einsatzfreudige und unermüdliche
Schafferin. Es sei ihr alles über den Kopf gewachsen, vertraute sie sich später
ihrer Nichte an. Von permanenten Kopfschmerzen gequält und von Depressionen
bedrückt, musste sie aufgeben. (Auch ihre Großmutter, Agnes Neuhaus, hatte - allerdings
erst im Alter - mit seelischen Problemen zu kämpfen.) Am 1. März 1949
fand die letzte Entbindung im Doktorhaus statt.

Das Leben danach

Zumindest 1950 soll sich Friedel Neuhaus noch in Auggen aufgehalten und auch
vereinzelt Sprechstunde gehalten haben. Dann entzog sie sich nach München, wo
es ihr schon während des Studiums gefallen hatte. Dort fand sie zudem eine Therapeutin
, die sie in jahrelanger Begleitung wieder aufrichtete. Ihren Lebensunterhalt
bestritt sie mit der Vertretung von Ärzten, während diese sich bei Tagungen oder
im Urlaub aufhielten. Ihre Zusatzausbildung zur Kinderfachärztin an der Münchner
Universität wurde weiter oben bereits erwähnt.

Die Akten geben darüber Auskunft, dass sie im Mai 1954 in München 19.
Ysenburgstraße 10 wohnte.69' Dann löste sie sich endgültig von Auggen. Am
15. Juni 1954 verkaufte sie das Anwesen mit dem Doktorhaus, nunmehr zusammengesetzt
aus einer Hofreite mit 5,94 Ar und einem Hausgarten mit 1,21 Ar,
für 30 000 Deutsche Mark an Weinbauoberinspektor Jakob Köbelin und dessen
Ehefrau Josefina geb. Kramer.70'

Erst im hohen Alter kehrte sie München den Rücken, um ihren Lebensabend in
Südbaden zu verbringen. Vermutlich 1984 zog sie nach Freiburg im Breisgau und
nahm in der Kartäuserstraße 116 Wohnung.7" Ihre beiden überlebenden Geschwister
. Agnes und Heinz, hatten sich schon zuvor in dieser Stadt eingefunden, um

62


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2004-01/0064