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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
66.2004, Heft 1.2004
Seite: 125
(PDF, 26 MB)
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fach angefochtene Jugendstil noch einmal Pate gestanden hat. Erfreulicherweise
haben selbst die Schriften an der Fassade, die stuckierte Krone, das Balkongitter
und sogar die gemalten Rebrankenfriese in den Fensterbekrönungen der Beletage,
auch die Jugendstiltüre im Flügel der ehemaligen Metzgerei die fatalen Modernisierungsjahrzehnte
überstanden. Was wäre Brombachs Ortsmitte ohne dieses
freundliche, wohlproportionierte Bauwerk!

Von der Straße aus zu erblicken ist das „Schloss". seit 1962 Rathaus. 1880
erwarben die Fabrikanten Gebr. Großmann das Grundstück mit der Ruine des
ehemaligen Wasserschlosses der Reich von Reichenstein, um dort einen Wohnsitz
zu errichten, der nach und nach die heutige Gestalt annahm. Nicht nur die
Wahl des Grundstückes, sondern auch die Tatsache, dass der für die Bautätigkeit
verantwortliche Moritz Großmann einen vom Kloster Weitenau stammenden originalen
Wappenstein von 1581 über dem Eingang des Neubaues anbrachte.l3) zeugt
von einem besonderen ..Geschichtsbewusstsein". Kurioserweise ließ er diesen in
keinem Bezus zur Geschichte des Hauses stehenden Stein von emblematischen
Reliefdarstellungen der Industrie (Zahnrad u.a.) und des Handels (Merkurstab.
Globus u.a.) rahmen.

Vermögende Bürgerliche schätzten es im 19. Jahrhundert, alte Schlösser zu erwerben
, um sich dort standesgemäße Wohnsitze einzurichten. So etwa - in unserer
Nähe - der Fabrikant Bally. der in Säckingen das Schloss bewohnte, oder der Basler
Handelsherr Imhof. dem das Grenzacher Schlössle gehörte. Oft spielte der stolze
Wunsch eine Rolle, wie Adlige in einem quasi feudalen Herrenhaus zu wohnen.
Dem Bauherrn Moritz Großmann ging es natürlich nicht darum, das ehemalige
Schloss archäologisch einigermaßen korrekt zu rekonstruieren, aber auf ein wenig
Burgencharakter legte er offensichtlich schon Wert. So wurde der noch teilweise
erhaltene Rundturm beibehalten, aber verändert, so dass er mit seinem dekorativen
Fachwerk und dem hohen Turmhelm heute nicht mehr allzu viel gemein hat
mit dem, was hier einmal wirklich stand. Bei der endgültigen Neugestaltung hatte
der Architekt also die Aufgabe, einerseits eine zeitgemäße Villa mit dem entsprechenden
Wohnkomfort zu schaffen und andererseits diesem Bau noch spielerisch
altertümliche oder wehrhafte Züge zu verleihen, so dass er sich gewissermaßen als
Nachfolger des schon 1678 von den Franzosen zerstörten Schlosses verstehen ließ
(Abb. 14).

Haupteingang und Fenster des Erdgeschosses bekamen gotisierende Kielbogen
, der Vorbau wehrhafte Zinnen, das Vorderhaus Staffelgiebel und markige
Eckquader. Das Obergeschoss ragt in altertümlicher Weise über kleinen, von
Kragsteinen gestützten Rundbogen etwas vor. Die Unregelmäßigkeit des Baukörpers
suggeriert ebenfalls Altertümlichkeit. Das steile Walmdach über dem im
Obergeschoss mit Fachwerk bedachten Hauptbau. die pittoresken Gauben. die mit
Kugeln verzierten Spitzen auf Turm und Gauben - das alles sollte zur bew egten,
altertümlich-malerischen Silhouette des Baues beitragen. Auf jegliches Historisieren
verzichteten die Bauherren dagegen wenig später, als sie 1906/07 in damals
modernen Formen die Nebengebäude errichten ließen (Abb. 15).

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