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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
66.2004, Heft 1.2004
Seite: 142
(PDF, 26 MB)
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Kirschgeistgläser, ausgetrunken

Die sieben Sommer des Christoph Meckel im Markgräflerland

Manfred Bosch

„Sieben Sommer lang, von April bis Oktober, lebte ich im Badischen auf dem
Land, zwischen Obst- und Weingärten auf dem Hügelkamm". So beginnt eine
kleine Reminiszenz des Graphikers und Schriftstellers Christoph Meckel an die
sechziger Jahre - enthalten in seinem „Bericht zur Entstehung einer Weltkomödie"
von 1985. Meckel verbrachte jene sieben Sommer im Markgräflerland, genauer: in
Otlingen, wo er hauptsächlich an seiner „Weltkomödie" arbeitete, seinem großen
und unabschließbaren graphischen Lebensprojekt, das inzwischen auf über 1500
Blätter angewachsen ist.

Bewohnt hat Meckel damals ein kleines Altenteil auf dem Speicher des „Ochsen
" mit Blick auf Weinhügel und Basler Industrie. Der Blick ging über die Burgundische
Pforte, die den Süden aufriss, entlang der „Gedankenlinie Ligurien
und Rom". In einer Welt der Übergänge, der wechselnden Sprachen und Dialekte
zuhause, war die ländliche Umwelt der Basler Metropole mit ihren „glanzvollen
Galerien und Vernissagen. solidem Snobismus aus Mode und sattem Geld" eng
benachbart.

Sein Auskommen fand Meckel als Aushilfsknecht in jener beliebten Ausflugswirtschaft
, wo der „Städter sich vollfraß"; zwei Sommer lang ging er in die Ernten
mit, „fegte die Gasthausterrassen und wusch Geschirr". Er versagte sich auch nicht
den Familien- und Vereinsfesten, lernte Landwirtschaft und Weinernte kennen und
hörte sich in „betrunkenen Monologen, aus rotgeschwollenen Schädeln, die illegale
Geschichte der Dörfer" an: hier waren „großmäulige Winkelchronisten unter
sich". „Hier wurde man mit Maria und Du angeredet, aus intimer Unkenntnis der
Verschiedenheit. Ich lernte stille alte Bauern kennen, chinesische Weise in alemannischen
Häuten, und Frauen wie Magdalenen, verbrauchte Gesichter, in harter
Demut schuftend bis in den Tod". Meckel hat sein halbes Leben auf dem Lande
zugebracht, unter anderem auch viele Jahre in Südfrankreich - in solchen Gegenden
lernte er den geheimen Subtext dieser Lebensform kennen, der in jedem Land
gleich lautet.

Über all dem kam in der Ötlinger Zeit seine Arbeit an den graphischen Blattfolgen
nicht recht voran. Zwar waren in einem Sommer drei Serien zu „Krieg.
Stadt und Welttheater" entstanden - doch die aneinandergesetzten Motive ergaben
noch kein Ganzes. Meckel gab daher seine Arbeit im „Ochsen" auf, um sich ganz
auf die Arbeit an der „Weltkomödie" zu konzentrieren, und mietete sich ein Zimmer
mit Balkon in einem „villaähnlichen Bau am Hang, zwischen Jesusdorn und
Pflaumen am Rand des Dorfs". Hier saß er schon bei Tagesanbruch und zeichnete

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