Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
67.2005, Heft 1.2005
Seite: 149
(PDF, 26 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2005-01/0151
Bei der Flurnamenforschung ist mir in den Archiven auch aufgefallen, wie viele
Urkunden und Akten unbearbeitet vorlagen. Somit wurden hinter „lehmigen Dünenkulissen
" neue Weiten in Form von neuen Themen sichtbar.

Dabei ist mir schnell bewusst geworden, dass man manche örtliche oder regionale
Begebenheit nur richtig deuten kann, wenn man sich mit dem größeren
geschichtlichen Hintergrund befasst. Aus Zeitgründen kann ich hier natürlich nur
wenige Beispiele anführen.

Ein großer Teil des Wyhlener Feldes heißt heute noch „Niederholz", obwohl sich
dort nur Äcker und Wiesen befinden. Warum es zur Ausrodung dieses Waldes kam.
geht aus einer Eingabe der Gemeinde von 1710 an die vorderösterreichische Regierung
hervor. Darin bat man nämlich um die betreffende Ausrodung, „damit sich
die Leute Nahrung verschaffen und vom völligen Untergang erhalten können"".
Für diese schreckliche Not kommt nur der „Spanische Erbfolgekrieg" in Frage,
der von 1701 - 1714 dauerte. In diesem Krieg zwischen Frankreich und Österreich
sowie dem Reich ging es nach dem Aussterben des letzten habsburgischen Königs
von Spanien um die Besetzung des dortigen Throns. 1702 kam es dann zwischen
dem Türkensieger Markgraf Ludwig von Baden, dem sogenannten „Türkenlouis",
und dem französischen General Villars zur unentschiedenen Schlacht bei Friedlingen
. Danach fielen französische Truppen in das Hochrheintal ein, brandschatzten
mehrere Dörfer und trieben Tausende von Kühen wes.

So verursachte also der Streit um den spanischen Königsthron die Ausrodung
des Wyhlener „Niederholzes".

Hier ein anderes Beispiel aus dem Bereich der Volkskunde.

In einer Basler Urkunde von 1301 wird auf der Gemarkung Wyhlen ein „Wolfsgalgen
" erwähnt2', der dann noch bis 1655 belegt ist. Da ich mit diesem Namen
nichts anfangen konnte, musste ich mich mit dem volkskundlichen Hintergrund
befassen. Dabei erfuhr ich. dass solche Galgen mit dem Werwolfglauben zusammenhängen
. Danach konnte sich ein Mensch (althochdeutsch „wer") zeitweise in
einen Wolf verwandeln und so sroßes Unheil anrichten. Deshalb hin2 man Wölfe
früher oft an dafür eigens errichteten Galgen bei öffentlichen Straßen auf und maskierte
sie. um sie so als menschliche Wesen darzustellen. Interessant war für mich
dann auch, dass dieser Werwolfglaube schon in nordgermanischen Sagen sowie
bei den Griechen und Römern vorkam.3'

Und die etwa 550 Personen, die 1610/11 und 1629 in unseren beiden Orten
an der Pest gestorben sind, werden erst richtig verständlich, wenn man aus den
Aufzeichnungen des berühmten Basler Pestarztes Felix Platter weiß, dass allein
beim ersten Pestlauf von 1610/11 in Basel rund ein Drittel der Bevölkerung dieser
immer wiederkehrenden Geißel des Mittelalters erlegen ist.4' Zwischen 1347 und
1350 hat die Pest in Europa ca. 25 Millionen Tote gefordert, was auch etwa einem
Drittel der Bev ölkerung entsprach.

149


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2005-01/0151