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richtsbote im Auftrag seiner Herrschaft „clandestine", d. h. heimlich,
in die Stadt und gebot die Herren und Bürger, die in Ortenberg liegende
Güter besaßen, auf die Ortenberger Laube. Der Rat aber verbot
ihnen, der Aufforderung Folge zu leisten. Darauf untersagte der
Landvogt den Ortenberger Rebleuten, die Offenburger Bürgern gehörigen
Weinberge zu bauen, bis deren Bede bezahlt sei. Der Rat
schickte zwei unparteiische Männer zu ihm, nämlich den Kirchherrn
und den Guardian des Kapuzinerklosters. Sie sollten ihn bewegen,
das ausgesprochene Verbot aufzuheben. Auf ihr dringendes Bitten
wies der Landvogt die Bauern an, die Rebarbeiten fortzusetzen, verlangte
aber vom Rat Einsichtnahme in das Privileg, das die Offenburger
von der Bede befreie. Nun holten die Stadtväter beim Straßburger
Advokaten Dr. Otto Rat. Dieser empfahl ihnen einen Vergleich.
Inzwischen war es Oktober geworden. Der Landvogt _ beschlagnahmte
die Obsternte der Offenburger Bürger. Auf Anraten der
österreichischen Regierung in Freiburg bequemte sich der Rat schließlich
zu einem Vergleich. Die Offenburger Bürger, die seit 1631 in der
Landvogtei Güter erworben hatten, entrichteten in Zukunft die Bede.
Bald verursachte der Rebensaft einen neuen Streit. Ortenberger
Untertanen kauften bei Offenburger Weinbergbesitzern „viel Vässel
voll" Wein und veranstalteten in ihren Wohnungen Trinkgelage.
Die Ortenberger Wirte beklagten sich; denn die Zahl ihrer Gäste
wurde immer kleiner. Und der Landvogt erlitt eine fühlbare Einbuße
an Ungeld. Deshalb verbot er seinen Untertanen bei einer Strafe
von 5 Pfund Pfennig, in Offenburg Wein zu kaufen. In der Stadt
herrschte Empörung. Auch dieser Streit endete mit einem Vergleich.
Die Ortenberger durften 2 Ohm Offenburger Wein in ihren Keller
legen.
Nicht geringer war der Verdruß, den der Landvogt dem Offenburger
Rat durch seine Ubergriffe im Gottswald bereitete. Im Jahre
1672 ließ er dort kurzerhand zwölf Bäume fällen und in die Offenburger
Mühlen führen. Auch in diesem Falle sah sich der Rat nach
langwierigen Verhandlungen genötigt nachzugeben.
Der Landvogt war von der Hoheit seines Amtes sehr überzeugt;
nach seiner Ansicht überragte ein Beamter der Landvogtei an Würde
und Ansehen einen Offenburger Ratsherrn. Der Rat aber konnte
sich nicht vorstellen, daß der Schultheiß nicht mehr als ein Ortenauer
Beamter gelten sollte. Im Jahre 1619 mußte der Schultheiß Jakob
Wydt ein Pfund Pfennige Strafe bezahlen, weil er an Pfingsten beim
Kirchenopfer den Ortenauer Amtmann hatte vortreten lassen. Auch
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