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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
29. Heft.1949
Seite: 153
(PDF, 43 MB)
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der Seuchen, namentlich der
Pest und der Syphilis, die
von Italien her in den süddeutschen
Reichsstädten ihren
Einzug nielt.

Die beklagenswertesten
unter den Kranken waren
die Aussätzigen oder Leprosen
. Mit der Aussatzschau,
die den Barbierern oblag,
d. h. mit der Feststellung
und Absonderung der von
der Krankheit Befallenen,
nahm es der Rat sehr ernst.
Die einprägsame Sinnfälligkeit
, mit welcher der mittelalterliche
Mensch seine
Handlungen auszustatter»
liebte, nahm bei diesem Akte
Formen an, denen gerade
wegen ihrer gottesdienstähnlichen
, halb religiösen Weihe
und ihres düsteren Ernstes
etwas Grausames anhaftete,
obwohl man das Gegenteil
beabsichtigte. Man stand den
Aussätzigen mit der Empfindung
christlicher Ehrfurcht

und menschlichen Erbarmens gegenüber. Sie galten als berührt von der Hand Gottes
und wurden nicht ohne tiefere Beziehung die „Guten Leute" genannt. Aber wie
fürchterlich ihr Los war, zeigte sich bei dem Akt der Absonderung von der Gemeinschaft
der Gesunden. In der Kirche wurde eine Bahre aufgestellt oder ein
schwarzes Tuch ausgebreitet, darauf sich der Erkrankte mit verhülltem Gesicht
ausstrecken mußte. Dann wurde für ihn eine Messe wie für einen Toten gelesen.
Darauf überreichte man ihm das Kleid, das die Aussätzigen tragen mußten, Handschuhe
, eine Klapper, eine Krücke und einen Wasserkrug. Mit brennenden Kerzen
begleitete ihn dann die Gemeinde vor das Neutor zum Gutleuthaus am Hohen Rain,
von dem er oft niemals zurückkehrte. Zu dieser außerhalb der Stadtmauer gelegenen
Zufluchtsstätte der Feldkranken oder Sondersiechen, wie man sie auch
nannte, herrschten für die Kranken sowie für den Siechnvater und die Siechenmutter
, denen die Pflege oblag, Vorschriften von klösterlicher Strenge. Das Offenburger
Gutleuthaus, an das heute noch das Gutleutbrückle erinnert, wird wohl
schon im 14. Jahrhundert errichtet worden sein. Im 15. Jahrhundert erhielt es eine
Kapelle, die 1480 konsekriert wurde. Zum Unterschied vom älteren St. Andreas-
Hospital trug das Gutleuthaus in lateinischen Quellen den Namen „Hospitale junior".

Besondere Aufmerksamkeit wandte die Kirche auch den Pilgern zu. Die Ziele
der mittelalterlichen Wallfahrten, in denen sich ein starker Bußernst zeigte, aber

Glasmalerei In der Sakristei der Hl. Kreuz-Kirche

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