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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
29. Heft.1949
Seite: 164
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Im folgenden Jahr boten dann der Hafner Adam Clauß, Zunftmeister der
Schmiedezunft, die Schmiede Peter Umlysen, Erhart Rotysen und Hans Caspar
Isen und der Nonnenmacher Hans Kostentz und Clauß Schibskodte Schultheiß,
Meister und Rat um Genehmigung der Bruderschaftsordnung. Die Aufnahmegebühr
betrug 2 Pfennig, der Jahresbeitrag 6 Pfennig für Eheleute, für Einzelmitglieder
4 Pfennig. Am Tag des Schutzheiligen, an welchem der Pfleger eingesetzt
wurde, fand in der Klosterkirche ein Amt mit Predigt statt. Wer diesem Gottesdienst
aus triftigen Gründen fernbleiben mußte, schickte sein Opfergeld. Zum Trost
der armen Seelen wurde im Kloster an den Fronfastentagen ein Requiem gesungen,
ebenfalls am Sonntag nach einem Begräbnis für die Seelenruhe eines verstorbenen
Mitglieds.

Diesen Bruderschaften, bei denen es sich nicht um Einrichtungen oder Gliedes
des kirchlichen Organismus handelt, sondern um freie Gewächse des religiösen
Gesellschaftslebens, die sich an selbstgewählte Bindungen hielten, hat man hin und
wieder eine Veräußerlichung des religiösen Lebens vorgeworfen. Aber man muß
doch für dieses Streben, sich durch seelische und übernatürliche Gemeinschaftsbildung
das Seelenheil zu sichern, Verständnis haben, zumal wenn man sich die
seelische Situation vergegenwärtigt, in der sich der gotische Mensch befand.

Prozessionen

Ebenso gewissenhaft wie das Volk betätigte der Rat der Stadt die Religion.
In gefährlichen Zeiten ließ er Bittmessen abhalten, und immer überwachte er das
religiöse Leben der Bürger. Alle kirchlichen Veranstaltungen betrachtete er als
seine Angelegenheit.

An den religiösen Kundgebungen fanden sich Regierende und Regierte, Stadtrat
und Bürger, Patrizier und Zünfte, in schönster Eintracht zusammen. Sowohl mit
der feierlichen Fronleichnamsprozession als auch mit den Kreuzgängen zu „Unserer
lieben Frau" nach Weingarten befaßten sich die Ratsmandate. Die Kreuzgänge —
so genannt, weil stets wie noch heute das Kreuz vorangetragen wurde — waren
dem Volke ein Herzenbedürfnis, eine Erbauung, eine erwünschte Gelegenheit,
auch außerhalb der Kirche seine Gebete ausströmen zu lassen gegen den blauenden
Himmel, in geheimen Nöten und in Zeiten allgemeinen öffentlichen Unglücks
Gott und seine Heiligen anzurufen. Regelmäßig fand der Kreuzgang statt in der
Bittwoche und am Pfingstmontag. Aber auch in Zeiten der Not, gegen Mißwachs
und Teuerung, gegen verheerende Seuchen und in gefährlichen Kriegsläuften ließ
der Rat diese Bittprozessionen abhalten. Sie boten ein buntfarbiges Bild: Kreuze
und flatternde Banner, die flackernden Stangenkerzen der zehn Zünfte, die Bilder
der Bruderschaften, die blitzenden Ornate der Geistlichen, die Monstranz unter
dem Traghimmel, die malerischen Gewänder der Mönche und Beghinen, die feierliche
Tracht der würdigen Ratsherren, Reichsschultheiß, Bürgermeister, die vier
Stettmeister, Lohnherr und Stadtschreiber an der Spitze, die langen Reihen der
Männer und Frauen in der Volkstracht. Diese feierliche Prozession, die sich betend
und singend durch das Stadttor und durch die Fluren bewegte, erzeugte im Volk
eine gehobene Stimmung. Der Höhepunkt des Kirchenjahres war das Fest
„Corporis Christi", Fronleichnam. Jedes Jahr erließ der Rat vor dem Fest neue
besondere Verordnungen, damit die feierliche Prozession sich mit gebührender

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