Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
30. Heft.1950
Seite: 8
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Grimmelshausen m neuer Schau

Von ^Volfgang Hartmann

Wer Grimmelshausens großen Roman des Dreißigjährigen Krieges,
den „Simplicissimus", gelesen hat, denkt sich dessen Verfasser unwillkürlich
als eine Landsknechtsnatur, als einen kriegsbegeisterten
Draufgänger etwa nach der Art der Soldatentypen in Schillers
„Wallensteins Lager", dessen idealisiertes Bild unsere Vorstellung
von jenem Kriege von Jugend auf beherrscht hat. Zu diesem Bilde
gehört der junge Bursche, der aus Abenteuerlust vom Pflug oder
aus der Schule weg den Werbern nachgelaufen ist, wie auch die soldatische
Ausnahmeerscheinung, die von der Pike bis zum General
aufsteigt, das Ideal wagemutiger Jugend. Daß es unter jenen Soldaten
auch viele gab, die nicht aus freien Stücken die Uniform angelegt
hatten, wußte man wohl, aber das war weniger romantisch.
Hätte nun jemand behaupten wollen, der junge Grimmelshausen sei
ein Musketier wider Willen gewesen, so hätte er damit zu
Zeiten nicht geringen Anstoß erregt. Es lag früher kaum im Bereich
der Möglichkeit, diese Frage aufzuwerfen, und sie ist m. W. auch
noch nie ernstlich erhoben und erwogen worden. Stellt man sie aber
und betrachtet des Dichters Leben und Äußerungen einmal von dieser
Seite, so ergeben sich überraschende Tatsachen.

Die Erfahrung zweier Kriege hat uns gelehrt, daß die anfängliche
Kriegsbegeisterung, wie sie 1914 unsere ahnungslose Jugend ergriffen
hatte, im weiteren Verlauf des Krieges sehr bald verebbt,
wenn dieser sein wahres Gesicht zeigt. Nun fällt Grimmelshausens
Kriegserleben in die zweite Hälfte des furchtbaren Krieges, wo von
irgendwelchen idealen Motiven keine Rede mehr sein konnte und
die Verrohung bei den Söldnerheeren einen hohen Grad erreicht
hatte. Die großen Feldherrnpersönlichkeiten, wie Tilly, Gustav Adolf
und Wallenstein, waren bereits vom Schauplatz abgetreten. Bei
Grimmelshausens geistig-sittlicher Veranlagung müßte es wundernehmen
, wenn er an diesem Treiben auf die Dauer sollte Gefallen
gefunden haben.

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