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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
30. Heft.1950
Seite: 16
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voll genommen, und jener habe sich dafür in seiner köstlichen
Sprachsatire, dem „Teutschen Michel", über Rompiers Purismus,
d. h. über seine übertriebenen Forderungen zur Sprachreinigung
lustig gemacht. Auf Rompier bezieht Schölte auch die Worte, mit
denen im „Simplicissimus" der Geistesgestörte eingeführt wird, der
sich für den Gott Jupiter ausgibt und ein für die damalige Zeit
gänzlich utopisches Friedensreich prophezeit. Grimmelshausen nennt
ihn „einen Erzphantasten, der sich überstudiert und in der Poeterei
gewaltig verstiegen habe". Dr. Küffer selbst lebt in der Gestalt des
weltgewandten Pariser Arztes Dr. Canard im vierten Buche des
„Simplicissimus" fort.

Dies sind die Hauptstationen von Grimmelshausens Bildungsgang.
So vorbereitet ging er in den letzten Gaisbacher Jahren 1665—67,
wo er die Schankwirtschaft zum „Silbernen Stern" betrieb, an die
Ausarbeitung seines „Simplicissimus", den er als Schultheiß in Renchen
, wo er das knappe letzte Jahrzehnt seines Lebens verbrachte,
abschloß und 1669 erscheinen ließ. Damit hatte der nun Siebenund-
vierzigjährige das Ziel seines literarischen Ehrgeizes erreicht. Und
es war wirklich ein großer Wurf. Daß er als Schöpfer des ersten
deutschen Prosaromans in die Literaturgeschichte eingehen würde,
konnte Grimmelshausen nicht ahnen. Für ihn genügte der buchhändlerische
Erfolg, der trotz des bald einsetzenden unerlaubten
Nachdrucks so groß war, daß er sich zur Fortsetzung dieser schriftstellerischen
Betätigung veranlaßt sah. Zunächst fügte er an den
ursprünglichen Schluß des Romans das sechste Buch an, das die
erste deutsche Robinsonade enthält. Dann entstanden in rascher
Folge die auf einander Bezug nehmenden weiteren simplicianischen
Schriften, die wie das Hauptwerk unter Pseudonym erschienen:
1670 die „Lebensbeschreibung der Landstörzerin Courasche" und der
„Seltsame Springinsfeld", 1672 und 75 die beiden Teile des „Wun-
derbarlichen Vogelnests". Nebenher lief noch die volkstümliche
Kalenderschriftstellerei, durch die Grimmelshausen ein Vorläufer
von Hebels „Rheinischem Hausfreund" und vom „Lahrer Hinkenden
Boten" wurde. Mag auch die Technik der Erzählung in diesen Werken
noch gewonnen haben, so ist doch der „Simplicissimus"
als Ganzes des Dichters bedeutendstes Werk.

Ein Vergleich mit den spanischen Erzählungen zeigt dessen Vorzüge
. Der Held des Schelmenromans ist der Picaro, der Gauner, der
im Ichton, ohne straffe Komposition, seine Abenteuer erzählt. Grim-

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