Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
30. Heft.1950
Seite: 93
(PDF, 45 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1950/0093
gegenüber erscheint die Enthauptung als ein viel milderes Verfahren
. Das Gutachten spricht sich für die günstigere Todesart
aus. Allerdings habe er den Götz auf offener Straße angegriffen, was
auch ohne erfolgten Totschlag schon mit dem Schwerte bestraft
werde, doch mildere der Rechtsverständige Benedict Carpzow in
seinem großen Werke (1635) die Sache für den Fall, daß auf der
Straße ein Streit zwischen zwei miteinander wandernden Personen
ausbreche, in dessen Verlauf einer durch den andern das Leben verliere
. Es sei dann die Schwertstrafe auszusprechen. Carpzow, ein
Jurist in Wittenberg, galt seiner Zeit in Richterkreisen als hohe
Autorität und wurde als Gutachter sehr geschätzt. Ich habe sein
großes, scharfsinniges Werk mit größtem Interesse studiert.

Die dritte Frage, ob Himmelsbach nicht das Recht der Notwehr für
sich in Anspruch nehmen könne, verneint das Gutachten, da die
Darstellung des Angeklagten beim Fehlen von Zeugen eine unbewiesene
Behauptung sei, und da er nach eigenem Geständnis solange
zugestoßen habe, bis Götz „expirirte".

Die letzte Frage jedoch sei zu bejahen. Himmelsbach habe an sich
zwar die Todesstrafe wegen seines schweren Verbrechens verdient,
doch bleibe es der Herrschaft überlassen, sie wegen seiner Gestellung
und seines freiwilligen Geständnisses gnadenweise durch Auspeitschung
mit Ruten und Landesverweisung bis zum Lebensende
zu ersetzen.

Vor der Urteilsfällung sei noch notwendig : 1. Einbestellung des
peinlichen Gerichtes, 2. eine peinliche Anklage, 3. ein Verteidiger
für den Angeklagten, 4. die Wiederholung der Klage „in banco
juris" (vor der Gerichtsbank) und Befragung, ob er noch auf seinem
Geständnis9) beharre. Im bejahenden Falle Fällung und Vollstrek-
kung des Urteils. 10)

Wenn auch der Aktenfaszikel keinen Bericht mehr über den vierten
Punkt enthält, so ist doch als sicher anzunehmen, daß der Graf
von dem Begnadigungsrecht Gebrauch machte. —

9) Das Geständnis galt früher bei Gericht als das einzige vollgültige Beweisstück. Erfolgte es
nicht freiwillig, so suchte man es durch Folterung zu erzwingen, daher die Furchtbarkeit der Hexenprozesse
. Es erstaunte mich auf das Höchste, aus dem Werke Carpzow's zu ersehen, daß sich auch
ein so scharfsinniger Geist nicht von dem Glauben an Hexen lösen konnte und die Folterung als
zulässig und notwendig erachtete.

10} Uber das „Malefizgericht" in Wolfach berichtet Disch in seiner Chronik von Wolfach ausführlich
S. 363—373 auf Grund der „Polizeyordnung" vom Jahre 1687. Uber das Malefizgericht in
Haslach bringt Wilhelm Engelberg in der „Ortenau", Heft 17, S. 140—143 eine Abschrift aus dem
Stadtbuch. Die Behauptung, das Original stamme nach Abschn. 30 aus der Vormundschaft des Grafen
Albrecht von Fürstenberg, also nach dem 17. August 1559, ist irrig. Auch nach dem frühzeitigen
Tod des Grafen Maximilian Franz (14. Okt. 1681), der in Haslach begraben wurde, führte ein Vormund
die Regierung für die 3 minderjährigen Söhne. Beide Gerichtsordnungen stammten wohl aus
dieser Zeit. Sie sind natürlich kein Eigengewächs, sondern sind andern Vorbildern entnommen und
angepaßt.

93


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1950/0093