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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
30. Heft.1950
Seite: 167
(PDF, 45 MB)
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zitierte Kinzig-Murgniederung setzt erst nördlich Offenburg ein und wird oft von
den Schotterfächern der Schwarzwaldbäche und -flüsse unterbrochen. Diese haben
ihre großen Ablagerungen nicht nur erst in historischer Zeit ins Ried geschüttet. Die
größte Breite dieser Nederung beträgt 2—3 km. Im Westen schließt sich die trockene
Niederterrasse an, die nur auf der Höhe von Kehl von den Schwarzwaldflüssen
(hauptsächlich der Kinzig) ein Stück weit unterbrochen wird. Im Osten des Riedes
schließt sich die Vorbergzone an, die wie andernorts Lößbedeckung aufweist und
damit gleiche Bedingungen wie nördlich und südlich unseres Gebietes bietet. Zwischen
Achern und Bühl tritt die Vorbergzone sehr stark zurück, und hier kommen
auch keine alten Ortsnamen vor. Im großen und ganzen weichen die Bedingungen
für eine Besiedlung nicht stark von anderen Landschaften des Oberrheingebietes
ab. Das Fehlen der Steppenheide ist kein Argument für einen anderen Landschaftscharakter
, da sie nur aus Reliktpflanzen besteht, die sich auf dem Rückzug
befinden.

2. -ingen- und -heim-Orte gibt es auch in der Ortenau und zwar schön verteilt,
wenn die Dichte dieser Ortsnamen auch nicht besonders groß ist. Eine Lücke besteht
nur zwischen Renchen und Sinzheim, allerdings nur auf der Vorbergzone,
das Hochgestade weist viele alte Ortsnamen auf. Stellt man die -heim- und -ingen-
Namen und Walchennamen nebeneinander, so zeigt sich eine merkwürdige Vergesellschaftung
beider Namengruppen. Es drängt sich einem dabei die Vermutung
auf, daß hier Welsche und Germanen friedlich nebeneinander gelebt haben. In der
frühesten Aufbauzeit konnte die Besiedlungsdichte erhöht werden, daher erscheinen
die vielen Weilerorte im Welschengebiet. Daß die Welschenorte in die Ausbauzeit
gehören, ist eine Behauptung Kuhns. Den Beweis bleibt uns Kuhn aber
schuldig. Meines Erachtens können die Gemarkungen in ihrer jetzigen Gestalt
nicht zur Aufklärung der frühesten Besiedlungsgeschichte dienen, da sie relativ
iunge Gebilde sind, (man vergleiche Wais „Die Alamannen S. 63).

3. Kuhn meint, daß es unwahrscheinlich sei, daß sich fremdstämmige Volksgruppen
so lange halten konnten. Das ist kein Beweis. Die Geschichte bietet
Beispiele genug, die die obige Ansicht widerlegen könnten. Er sieht die kelto-
romanische Restbevölkerung als unter den Hörigen der germanischen Herren aufgegangen
an. Meines Wissens sind die Alamannen in erster Linie Bauern, ohne
daß damit ständische und soziale Unterschiede geleugnet seien. Als Zeugen für die
rechtliche Stellung der Welschen führt Kuhn eine Ammianstelle an, die zwar den
Augenblick erhellt, aber über den Dauerzustand nichts aussagt. Ammian sagt
aber auch nicht, was er unter Kriegsgefangenen versteht. Beigabearme Gräber
geben zunächst nur über die soziale Lage der Toten, aber nicht über ihre rechtliche
Stellung Auskunft. Meines Erachtens ist nicht eines der Hauptargumente
Kuhns beweiskräftig. Die Welschennamen sind da, sie muß auch Kuhn anerkennen.
Seine Erklärung ihrer Herkunft erscheint aber etwas gezwungen. Warum sollten
gerade welsche Westfranken zur Sicherung fränkischer Belange im alamannischen
Lande angesiedelt worden sein, warum nicht germanische Franken ? Und dies
ausgerechnet durch die germanischen Karolinger. Waren etwa die alamannischen
Bauern dieser Zeit freier ? Politik trieben im 8. Jahrhundert nur noch die Großen,
der Bauer war in Germanien ebenso unfrei wie im Welschland. Man bedenke,
hörige Bauern sollen eine Heerstraße beschützen und das in einer Zeit, als das
Lehenswesen schon stark im Aufkommen war und der wehrhafte Bauer bereits
der Vergangenheit angehörte. Warum sollen aber auch Welsche für die Einfüh-

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