Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 213
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1953/0213
Beleidigung. „Der Nachbar hat meine Ehefrau ein lüderliches Weibstück genannt,
was auch wahr ist. Und ich lasse mir das nicht gefallen, was auch wahr ist."
„Nun so trolle er sich von dannen, wenn doch alles wahr ist", lachte der Amtmann.

Mit dem zweiten schauenburgischen Schaffner von der anderen Linie in Oberkirch
lag Grimmelshausen manchmal in Streit. War da in Gaisbach ein Fischweiher
voller Karpfen, sollte jährlich abgefischt und die Hälfte der Fische jenem Verwalter
in Oberkirch abgegeben werden. Da schrieb an Grimmelshausen der Verwalter
Preiner: Die Fische habe er erhalten, seien aber nicht die größten
gewesen.

In seinem Simplizissimus, fünftes Buch, erzählt der Schaffnerdichter die Begegnung
des Helden mit seinem Pflegevater in Bad Griesbach. Auf seine Frage
an den Alten, den er nach so vielen Jahren des Fernseins nicht sofort erkennt,
wo er herkomme, deutet dieser auf seine Begleiterin, nämlich eine Ziege (Gais),
die er am Strick führt, mit der Bemerkung: „Es erübrigt sich wohl, Euch dies zu
erklären." Natürlich kann nur der Ortskundige diese Bemerkung verstehen. —
Sehr humoristisch ist die kleine Schrift „Das Ratstüblein Plutonis". Die Vertreter
aller Stände halten unter einer Linde bei Griesbach Rat, wie mr i reich werden
könnte. Jeder beantwortet die Sache in seiner Weise. Der alte B. icr meint dabei,
es gäbe nur eine einzige Möglichkeit, die hohen Steuern zu ei assen. Also war
dieses leidige Thema damals schon aktuell. „Lieber Mann", lautet die Antwort,
„Ihr müsset doch eine Obrigkeit haben, die für Euch sorgt und alles, Straßen usw.
in Ordnung hält und die Räuber im Zaum hält", wobei Grimmelshausen damit sich
selber meint und wohl die richtige Antwort damit gegeben hat.

2. Der Verwalter Hellberger

Dieser war vom Jahre 1660 ab Grimmelshausens Nachfolger in schauenburgischen
Diensten. Er fand dort eine von seinem Vorgänger verfaßte Polizeiordnung für den
Ort Gaisbach vor. Sie ist ein sehr weitläufiges Manuskript und enthält genaue
Aufzeichnungen von Strafen, kleinen Freveln (z. B. das Laufenlassen von weidenden
Ziegen) bis zur Empörung gegen die Herrschaft, welche mit Verlust von Leib
und Leben sowie Einziehung der Güter bestraft wird.

Ein Artikel dort mutet allerdings verwunderlich an. Das kleine Tal wird als so
weitläufig bezeichnet, daß das Glöcklein der Kapelle geläutet wird, um die Bürger
zu außerordentlichen Zeiten zum Schutze der Ortschaft zusammenzurufen. Diese
Polizeiordnung, nach dem Dreißigjährigen Krieg verfaßt, scheint aber nicht mehr
in allen Punkten genügt zu haben und wurde von Heuberger ergänzt. Wir können
nicht auf alle die interessanten Einzelheiten eingehen und schreiben nur einzelne
Paragraphen heraus:

Es heißt da: Übel ist es vermerkt worden, daß vor der Kapelle in Gaisbach ein
öffentlicher Kegelplatz entstanden ist, so daß mit großem Gekrache die Kugeln in
das heilige Haus hinein fallen. Desgleichen wird verboten, daß der Mesner mehr
Wein einlegt, als er für den Mesdienst gebraucht, und ihn, weil steuerfrei, wieder
verkauft.

Das Kirchenwesen scheint der Herrschaft sehr angelegen gewesen zu sein, denn
es wird verordnet, die Ratsherren sollen sich schöne Mäntelein anschaffen, um
würdig der Prozession beizuwohnen. Sodann wird eine Strafe von 2 Pfd. Wachs,
wie schon von Grimmelshausen verordnet war, für jeden Bürger, der am Sonntag
nicht die Messe besucht, ausgesetzt. Es sei aber jedem Kirchenbesucher unbenommen
, nachher noch einen Hauptgottesdienst in dem benachbarten Oberkirch
zu besuchen, lautet der originelle Schlußsatz.

213


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1953/0213