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FRIEDERIKE BRION
f 3. April 1815
Meißenheim, du Ort der Reue,
Dessen Goethe einst gedacht,
Wo Friedrike ruht, die Treue,
In der stillen Grabesnacht.
Liebesleid, er hat's verkündigt,
Goethe selbst, in Lied und Reim,
Fühlend, daß er sich versündigt
An der Braut von Sesenheim.
Ach, nach selig schönen Stunden,
Da sich Herz und Herz geeint,
Ist der holde Lenz entschwunden,
Und der Winterhimmel weint,
Und es Hießen tausend Zähren
In die unverloschne Glut.
Liebesleid will ewig währen,
Weil die Liebe Wunder tut. —
Fühlend, daß er im Gewissen
Allzu lest die Bande schlang,
Die das Schicksal dann zerrissen
Und der Ptlichten dunkler Gang.
Meißenheim, nun Hort des Schweigens,
Dem doch Glaubenstrost entquillt
Göttlichen Herniederneigens,
Das die Erdenleiden stillt.
Still dein Kirchlein weist nach oben
über alles Menschenleid:
Ist der Leib in Staub zerstoben,
ötlnet sich Unendlichkeit.
Dr. Hans Lindau, Bibliotheksrat i. R., Berlin-Zehlendorf
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