Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 16
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1955/0018
Das Hofgericht Bruchsal verurteilte Peter am 9. April 1850 wegen
Hochverrat zu einer Zuchthausstrafe von 20 Jahren oder 6 Jahre
Einzelhaft und 11 Jahre gemeinen Zuchthauses. Außerdem hatte der
Staat eine Forderung von 9436 Gulden 45 Kreuzer für zu Unrecht
empfangene Gehälter; denn Peter ließ sich als Justizminister das
sistierte Gehalt als Regierungsdirektor ausbezahlen. Die Geldforderung
wurde jedoch durch seine Gattin, Therese geborene Kirn, am
10. April 1852 durch einen Vergleich mit der Staatskasse bereinigt.
Dagegen mußte Peter zwölf Jahre im Ausland verbringen. Erst im
April 1862, als Amand Goegg bereits begnadigt war, richtete auch
er ein Gesuch an den Großherzog um Gewährung der straffreien
Rückkehr in die Heimat:

Durchlauchtigster Großherzog!
Gnädigster Fürst und Herr!

Ehrerbietigstes Gesuch des vormaligen Regierungsdirektors
J. Ignaz Peter in Konstanz, z. Zt. in Frauenfeld, Cantons
Thurgau, um Gestattung seiner straffreien Rückkehr ins
Vaterland.

Die innige Überzeugung, daß eine politische Reform im Großen für das Heil
von Teutschland eine unabweisbare Notwendigkeit geworden sei, und daß die
Reichsverfassung, wie sie im Parlament zu Frankfurt am 28. März 1849 zum Abschluß
kam, alle teutschen Fürsten rechtlich verbinde, waren die entscheidenden
Gründe, aus welchen ich, vom aufständischen Volk in Baden förmlich aufgefordert,
mich seiner Bewegung zu Gunsten der Reichsverfassung im Mai 1849 angeschlossen
habe. Was hiernach in jener sturmbewegten Zeit mir, wie so vielen andern, als
ein redlich gemeintes, wenngleich gewagtes Streben und als Erfüllung einer
patriotischen Pflicht erschien, stellte sich bei der Wendung, welche die Dinge
nahmen, in meinem engeren Vaterlande vor dem Gesetz als schweres Verbrechen
dar. Ich wurde durch Erkenntnis des Hofgerichts in Bruchsal vom 9. April 1850
„der Teilnahme im Großherzogtum an den in den Monaten Mai und Juni stattgehabten
hochverräterischen Unternehmungen" für schuldig erklärt und zu einer
Zuchthausstrafe von zwanzig Jahren verurteilt.

Das Entsetzen vor einer solchen Strafe und vor solcher Schmach in Verbindung
mit der Gewißheit, daß der Aufenthalt im engen Gefängnisraume meinen an starke
Bewegung im Freien gewöhnten Körper sehr bald zu Grunde richten würde,
zwangen mich zur Flucht und zum Verbleiben im Auslande; wodurch über mich
und die Meinigen die ganze Summe der Leiden kam, die sich an das Exilleben
eines Familienvaters hängen, und deren größte noch lange nicht in Vermögenseinbußen
und Entbehrungen bestehen.

Keiner moralischen Unwürdigkeit mir bewußt und stets an dem Glauben festhaltend
, daß eine Amnestie, welche auch mir Hilfe brächte, nicht für immer ausbleiben
könnte, habe ich trotz aller Sehnsucht nach der Heimat und trotz meines
lebhaften, unter den so schwierigen Zeitumständen an Dringlichkeit noch zunehmenden
Wunsches, mit dem Rest meiner Kräfte dem Vaterlande zu nützen,
immer unterlassen, meine Zuflucht zu einem Begnadigungsgesuch zu nehmen.
Vielmehr habe ich, alles von der selbst ohne äußere Veranlassung waltenden
Hochherzigkeit des Landesherrn erhoffend, es vorgezogen, der ersehnten großherzoglichen
Entschließung mit Resignation zu harren und — zu harren.

Unterdessen bin ich — als am 15. Januar 1789 geboren — freilich über 73 Jahre
alt geworden, ohne den Tag einer bis zu mir reichenden Amnestie zu sehen. Je-

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