http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1955/0114
als Stadt genannt und brauchen uns hier deshalb nicht weiter beschäftigen
.
Nun aber behaupten die Annalen von Schuttern, daß „später
Gotfridus die Pfarrkirche Sankt Martin, die vor den Gengenbacher
Mauern lag und eine Zeitlang entfremdet war, wiedererlangte im
Mai anno 1221"17). Hier lag dem Schutterner Chronisten die Urkunde
Bischof Heinrichs von Straßburg vor, die das Datum trägt „anno
1221 in mense Majo"ls). Aber in dieser Urkunde steht der Ausdruck
„vor den Gengenbacher Mauern" nicht, sondern erst in der Urkunde
des Papstes Nikolaus IV. vom November 12871"). Reichlich unkritisch
setzen hier die Schutterner Annalen ein Ereignis von 1221 hinter
die Adelswirren von 1233/35 und verbinden es damit zudem noch
mit dem Bindewort „später (postea)". Die Schutterner Annalen wurden
erst im 16. Jahrhundert geschrieben. Solche in späterer Zeit
etwas wirr zusammengestellten Originalnotizen mit den Zusätzen
des Verfassers, die mehr verwirren als klären und die hier zu der
Zeit nach 1233 passen (wie z. B. der Vermerk „vor den Gengenbacher
Mauern"), dürfen uns jedoch nicht von den klaren, unbestechlichen
, gleichzeitigen urkundlichen Quellen weglocken. Die
letzte amtliche Urkunde in dem Kampf um die Rückerwerbung der
Gengenbacher Pfarrkirche vom 27. Mai 1221 nennt die Leutkirche
Sankt Martin ausdrücklich, unmißverständlich und nicht wegwischbar
„Kirche dieses Dorfes (Gengenbach)"20). Das gibt uns die langgesuchte
Bestätigung, daß Gengenbach 1221 noch nicht Stadt, sondern
immer noch ein Dorf war. In den 12 Jahren zwischen 1221 und
1233 ist daher die Stadtgründung erfolgt.
Nicht nur die Jahreszahlen und die Bezeichnungen der Pfarrkirche
heischen hier unsere Aufmerksamkeit, sondern auch der Sachverhalt
, der sich in den angezogenen Urkunden offenbart. Was war
geschehen?
Durch einige frühere Äbte war diese Pfarrkirche, die zuvor eine
Eigenkirche des Klosters von Gengenbach war, diesem entfremdet
worden21). Offenbar ist diese Kirche regelrecht veräußert worden
17) ,,Postea Gotfridus parochialem ecclesiam sancti Martini, ante muros Gengenbacenses
sitam, aliquamdiu abaiienatam recuperavit, in maio anno 1221", in Mone, Quellensammlung zur
badischen Landesgeschichte 3, S. 59.
ls) Schulte, Acta Gengenbacensia, Urk. Nr. 5, S. 98.
lä) „Ecclesiam parochialem Sancti Martini extra muros oppidi Gengenbacensis" {Generallandesarchiv
Karlsruhe (= GLA, K), Spezialia. Gengenbach (Reichsstift), Päpstliche Privilegien,
Conv. 90.
20) ,.ecclesiam ipsius villae" (= Gengenbach), siehe Kopie der Urkunde vom 27. Mai 1221 in der
Handschrift Böhm, nr. 436, W221, im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, fol. 89 b f.; Regest., siehe
Schulte, a. a. O., nr. 6, S. 98.
21) Schulte, a. a. O., Vorurkunden 1 und 3, S. 97 f.
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