Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 134
(PDF, 63 MB)
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Stunde lag da näher als die Frühstunde der Katzenmusik, beginnend
nach dem Betzeitläuten morgens um halb sechs. Den Verschlafenen
mußte man natürlich im nächtlichen Bettgewand mit der Zipfelkappe
darstellen, ja am besten sogar im Bett, und sein Lied an den Straßenstellen
, wo es sonst von ihm gesungen wurde. Aber der religiöse
Text! Den konnte man begreiflicherweise so nicht bringen. Also
dichtete man ihn einfach um. So mag das Lied entstanden sein, wie
es heute noch erklingt im schönsten Fasnetszug Wolfachs. Mit der
Zeit paßte sich die Kleidung der Teilnehmer immer mehr der des
Sängers an und wurde so im Lauf des letzten Jahrhunderts immer
einheitlicher. Zuerst beleuchtete man mit Laternen, dann nahm man
mehrere Jahrzehnte bunte Lampions, um in diesem Jahrhundert wieder
zu den Laternen zurückzukehren, von denen man wahre Museumstücke
beim Wohlauf sehen kann. Der Wohlauf mit seinem Bett, seinem
Lied, seinem ohrenbetäubenden Lärm, den man gut 6 km weit
hören kann, ist so etwas einzigartig Schönes und so echt Wolfache-
risches, daß man ihn nirgends nachmachen kann, wie sehr man es
auch schon probierte. Und alles, was man als Wohlauf bei den verschiedenen
Narrentreffen zeigen konnte, ist nur eine schwache Kostprobe
von ihm. Erst recht ein Wohlauf bei hellem Tag ergibt ein
Zerrbild von ihm, da ihm ja Licht und nächtliche Geisterschar fehlt.
Die oft gezeigte Komödie mit dem Befördern von Mädchen ins Wohlaufbett
gehört nicht zum alten Brauch und entstand nur bei den
Narrentreffen; sie ist wohl eine an sich harmlose ,,Gaude", die aber
zu vielen falschen Vermutungen und sogar Verdächtigungen führte.
Zumindest ergaben sich daraus ganz falsche Vorstellungen von
unserm guten alten Wohlauf, die in den verschiedenen Zeitungsberichten
noch mehr Zerrbilder hervorbrachten, und zwar über die
ganze Wolfacher Fasnet. Es ist also schon besser, den Wohlauf nimmer
bei solchen Anlässen zu zeigen, sondern nur da, wo er hingehört
, in seiner Heimatstadt Wolfe. Auch die durch solche Narrentreffen
entstandenen Besuche von Film und Funk haben dem Wohlauf
nur geschadet, indem seine gespenstische Wirkung in der nächtlichen
Finsternis sehr unter dem Aufflammen ungezählter Blitzlichter
leidet. Man sollte für alles gute alte Brauchtum jede Reklame vermeiden
, ob dies Fasnet oder Sternsingen, Trachtenfeste oder Herrgottstagsprozessionen
sind. Es wird bei alledem nur Gutes verdorben
, und den Nutzen haben nur ein paar Sensationsmacher, die alten
Bräuche aber gehen dabei zugrund. Von einer näheren Beschreibung
des „Wohlauf" nehme ich Abstand. Interessenten können hier dem
Bericht in Fr. Dischs Wolfacher Chronik folgen.

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