Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 192
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der Bauer und bringt sie dem Schmied in das Städtlein, wohin ihn
der Köhler begleiten und mit ihm den „Kohlewi" trinken darf
(Sch I 23 f.).

Blutarm waren die Leute des wälderreichen Kniebis. Und diese
Armut machte sie zu Harz- und Holzdieben. Nachts zogen sie in
Lichterprozessionen in die Wälder, suchten die angerissenen Fichten
auf und leerten mittels Kratzeisen die Harzkanäle oder rissen
neue, saftreiche Bäume an, um sie fürs Harzen vorzubereiten. Die
Harzsammler des Kniebis führten ihre Harzprodukte bis hinab nach
Karlsruhe durch alle Städtchen und Dörfer. Und wenn sie heimkamen
, so ließen sie aus Kaltbrunn Musikanten kommen, die ihnen
in ihrem Waldwirtshaus zum Tanz aufspielten (W34ff.).

Die Wehrhaftmachung, d. h. Freisprechung des Lehrlings, erfolgt
bei den Förstern nach altem Brauch. Sie wird in Gegenwart aller
Jäger vom Lehrmeister vorgenommen, der dabei spricht:

„Es wird der löblichen Jägerei erinnerlich sein, wie gegenwärtiger Josef Anton
Fürst von Wittichen vor Jahr und Tag als ein Lehrjunge gekommen und sich während
der Zeit auch ehrlich, treu und fleißig verhalten, daß ich mit ihm wohl zufrieden
bin. Dieweil nun unsere lieben, alten, in Gott ruhenden Vorfahren bei
freier Loslassung ihrer Kinder oder Leibeigenen ein merkliches Andenken hinterlassen
, dieser Josef Anton Fürst seine Lehrjahre richtig ausgestanden, so will ich
diese uralte, löbliche Gewohnheit nicht ändern, sondern so viel hiezu vonnöten
vornehmen."

Hierauf wandte er sich an den Lehrling und sprach: „Du bist nunmehr kein
Kind mehr und hast die mündigen Jahre erlebt. Ich frage dich also: .Willst du
wehrhaft gemacht werden?'"

Der Junge antwortete: „Ja". Jetzt gab ihm der Meister mit der rechten Hand
eine Maulschelle und sprach: „Die vertrage von mir, sonst von niemanden mehr,
erinnere dich aber des Backenstreiches, so unser liebster Heiland unsertwillen hat
erdulden müssen."

Mit der Linken reichte er alsdann dem Lehrling den Hirschfänger und fuhr fort:

Hier hast du deine Wehr,

Die gebrauch' zu Gottes Ehr',

Zu Lieb' und Nutz' des Herren dein.

Halt dich ehrlich, treu und fein,

Wehr dich damit gen Feinde,

Doch unnütz' Händel meide.

Gürte deine Lenden wie ein Mann,

Der sein Horn recht blasen kann.

Nunmehr hast du die Freiheit,

Es gehe dir wohl allezeit.

Alsdann gratulierte jeder dem jungen Jäger, und es ward ein Mahl gehalten
(W 26 f.).

Verstößt ein Neuling gegen einen Brauch, so wird er mit einem
dem Beruf eigenen Gerät geschlagen. So war es bei den Jägern und

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