Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 197
(PDF, 63 MB)
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Sinnig waren auch die Zunftbräuche beim Wandern.

„Kam der Geselle auf seiner Wanderschaft in die Herberge seiner Zunft, so
mußte er die drei oberen Knöpfe am Rock geschlossen haben, den Hut in der
Rechten, den Ziegenhainer aber in der Linken zwischen Zeigefinger und Daumen
so weit in die Höhe halten, daß er den Boden nicht berührte. Am Felleisen wurde
der linke Tragriemen ausgehakt.

So trat man an den Zunfttisch, der daran erkenntlich war, daß über ihm das
Zunftschild hing. Saßen Handwerksburschen am Tisch, so sprach der Zureisende
laut: .Seifensieder!', worauf die andern ebenfalls .Seifensieder' antworteten und
dabei leise mit der Hand auf den Tisch schlugen. Alsdann reichte man sich die
Hand mit dem Ausspruch: ,Hui Seifensieder!'

Beim Umschauen nach Arbeit bei den Zunftmeistern war folgendes Gespräch
Zunftgebrauch. Geselle: .Erlauben Sie, sind Sie der Herr Meister?' Meister: ,lch
weiß nichts anderes.' Geselle: .Sie werden erlauben, meine Schuldigkeit abzulegen.'
Meister: .Recht gerne.' Geselle: .Ich bringe Ihnen von den ehrlichen Herren
Meistern und Gesellen aus der Stadt N. N. den freundlichen Gruß von wegen des
Handwerks.' Meister: .Schön Dank von wegen des Handwerks.'

Hierauf erhielt der Geselle das herkömmliche Geschenk in Geld, und war's
Abend, so kamen Nachtquartier und Essen zum Geschenk hinzu und von den Gesellen
Bier.

Bei der Weiterreise sagte der Geselle: .Herr Meister, Sie werden erlauben,
meine Schuldigkeit mitzunehmen von wegen des Handwerks.' Meister: .Schön Dank
von wegen des Handwerks, grüße mir die ehrlichen Meister und Gesellen in der
nächsten Stadt.' Geselle: .Schön Dank von wegen des Handwerks und für alle mir
angetane Ehre'" (WK 230 f.).

Beim Hausbau wird der Herrgottspfosten, der Eckpfosten des Hauses
, von 30 bis 40 Männern errichtet. Bevor man ihn aufstellt, kommandiert
der Zimmermeister: ,,Hut ab und drei Vaterunser gebetet!"
Dann steigt er auf den Bau hinauf, um den Pfosten, sobald er aufgerichtet
ist, zu befestigen. Kracht es beim Nagelschlagen, so verbrennt
das Haus; treibt der Nagel noch Wasser aus dem Pfosten, so
fault das Haus ab. Dort, wo der Hauptpfosten steht, findet der Herrgottswinkel
seinen Platz; deshalb auch sein Name „Herrgottspfosten"
(B 224).

Der Abschluß des Hausbaues wird mit dem Richtfest gefeiert. Als
Hansjakobs Freihof in Haslach fertig war, sprach ein Zimmermann
vom Dachfirst aus einen Zimmermannsspruch, der hier wiedergegeben
sei (F 16 ff.):

Allhier herauf bin ich gestiegen und geschritten.
Hätt' ich ein Pferd gehabt, dann wär' ich heraufgeritten.
Aber da ich habe kein Pferd,
Ist die Sache nicht viel sagenswert.

Gott grüß' euch alle Frauen und Jungfrauen, groß und klein,

Sie alle sollen von mir gegrüßet sein,

Und mein' ich die eine oder andere nicht,

So wär' ich ein rechtschaffener Zimmergeselle nicht.

Ich bitt' euch, wollt zu mir (euch) kehren

Und meinen Spruch in Ruhe anhören.

Wenn ich etwas nicht recht sollt' machen,

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