http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1955/0211
Die Reichsabtei Schwarzach*)
Von Alfons Harbrecht
4.
Kulturgeschichtlich eine der wichtigsten Fragen auch in unserem
klösterlichen Territorium betrifft das Bauerntum. Seine Entwicklungsphasen
sind die Folge der jeweiligen Zeitverhältnisse,
So ist in der Völkerwanderungszeit ein Teil vom freien altgermanischen
Bauerntum untergegangen. Beim Erstarken des fränkischen
Königtums entstanden in Anlehnung an die römischen Latifundien
neue übergroße Grundherrschaften. Für unseren Fall war von besonderer
Bedeutung die fränkische Rechtsgewohnheit, auf Grund
derer der König über das sogenannte ,,Folcland" frei verfügte. Mit
den zahlreichen Klostergründungen im 8. Jahrhundert am Oberrhein
verband sich die Tendenz, das viele verödete Land in eine „Wunn"
umzugestalten, d. h. es durch Rodung und Anlegen von Weiden
urbar zu machen. Zu diesem Zweck wurde auch die Reichsabtei
Arnulfsau-Schwarzach von ihrem Gründer Ruthard im Auftrag des
Königs mit Gebieten des „Folclandes" ausgestattet; dabei handelte
es sich nicht um die Verteilung eines eroberten Landes, sondern um
die Urbarmachung einer vom König geschenkten Waldwüste. Das
königliche Benefizium wurde durch Ludwig den Frommen, Otto III.
und Heinrich II. vermehrt. Gebiete, ja zum Teil bereits bestehende
Dinghöfe im elsässischen Kocherbergerland und Uffried, in der
Mortenau, am Neckar, in der Baar und auf der Schwäbischen Alb
bildeten zusammen ein ansehnliches Besitztum, das allerdings durch
Tausch und Verkauf aus dieser Streu- und Splitterform zu einem
geschlossenen Territorium abgerundet wurde361).
Um die Urbarmachung dieser Landstriche zu ermöglichen, mußten
Mittelpunkte geschaffen, d. h. neue herrschaftliche Dinghöfe und
hofrechtlich organisierte Marken angelegt werden. Der Anschluß an
diese Dinghöfe war ein freiwilliger. Die angeschlossenen Leute sel-
*) Siehe „Ortenau", 31.-34. Heft.
3el) Schwarzseher Urkunde, Nr. 5 und 6.
14 Die Ortenau
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