Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 215
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Zinsen abgetragen hat; so heißt es wieder im Schwarzacher Salbuch,
daß für ein Wiesengut 24 Pfund Unschlitt als Mattengült gegeben
wurden374).

Die ganze Viehzucht der Bauern vollzog sich als eine Herdenzucht
durch erfahrene Hirten. Auffallend klein waren die jeweiligen Herden
; eine Roßherde bestand aus 12 Stuten und einem Hengst, eine
Rinderherde aus 12 Kühen und einem Stier, eine Schaf- oder Schweineherde
aus 50 Stück, und jede Herde hatte ihren Hirten. Unter Tags
war das Vieh auf der Weide oder im Wald, nachts im Pferch. Viehdiebstähle
wurden sehr streng bestraft. Im Spätjahr wurde fast alles
Vieh, soweit es nicht auf dem Markt verkauft werden konnte, geschlachtet
; den Rest gab man auf einen Hof375).

Die Bedeutung der mittelalterlichen Hirten erhellt besonders aus
dem Brauchtum. Die Träger des Pfingstbrauches waren durchweg die
Hirtenbuben. In Dangolsheim spielte einer der jungen Hirten die
Rolle des drollig gezierten Pfingstesels; in Dossenheim zog der
Pfingstpfludderes an der Spitze der Weidbuben umher, und alle
knellten ohrenbetäubend mit den Peitschen; hüben und drüben kennt
man den Pfingstdreck; das war ehedem ein schmutziger, rußiger Kerl,
der mit den Weidbuben umherzog; dabei sangen sie das köstliche
Lied: ,,De Pfingstdrack ho — dWeidbüwe sind do — d'Vegel flieje
üwers Hus — d'Jungfroje nemma d'Eeier us." Pfingstesel, Pfingstpfludderes
und Pfingstdreck bedeuteten ehedem den Dämon des
Winters, der mit Geschrei und Peitschenknall vertrieben wurde. In
Dunzenheim nennen sich die Weidbuben Pfingstknechte als Begleiter
des herumgetragenen Maien. In Schwarzach ritten die Burschen am
Pfingstmontag in die Nachbardörfer und riefen: ,,Des isch guet fir
d'Ritter und d'Resser." Das war die große Freude am Frühling, der
den Weidgang wieder bald eröffnete376).

Auch sonst war der Weidbetrieb bis ins 19. Jahrhundert hinein
verbunden mit einer köstlichen ländlichen Idylle, wenn in den
Morgen- und Abendstunden der Sauhirt mit der Hube und seiner
grunzenden Schar, der Gänshirt mit seiner schrillen Pfeife und seinen
schnatternden, flatternden Schützlingen, der würdige Schafhirt in
seinem langen Wettermantel und die Hirtenbuben mit ihren selbstgefertigten
Weidenflöten und glockentragenden Rindern durch die
Dörfer zogen . . .

Leider wurde der Weidebetrieb aber auch bald eine Angelegen-

"4) Klösterliches Salbuch von Schwarzach.
a7s) Zöpfl, Kulturgeschichte, l.

37e) E. Kiffer, Kollmar, Hirtenbrauchtum zu Pfingsten, Elsässische Monatsschrift, 3.

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