Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 222
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eine Zeine auf dem Kopf „drüwer getrage möge", der Mühlweg, daß
ein Esel mit einem Sack durchgehen oder ein Mannsbild mit Frucht
auf dem Roß durchreiten möge, die Landstraßen, daß ein Wagen
dem andern ausweichen kann394).

Der „Frieden" von Weg und Steg ist durch alte Kultvorstellungen
geschützt. Besonders im elsässischen Teil des Territoriums sind die
Funde von Drei- und Viergöttersteinen und Merkursteinen als Wegheiligtümer
sehr zahlreich. An ihre Stelle traten in der christlichen
Zeit die „Bilgen und Helgen", die Bildstöcke und Feldkapellen mit
uralten Titeln, wie St. Nikolaus in der Au, St. Georg zu Veitern,
St. Margarethen zu Ulm, St. Rochus zu Zell; im Elsaß waren die
St.-Jakobs-Kapellen sehr beliebt, deren Bilder und Plastiken die
Attribute des Pilgerstabes, der Pilgertasche und der Pilgerflasche
trugen. Auch St. Wendelin mit einem Schäfchen, St. Leonhard mit
einer Kuh, St. Joachim mit der Hirtenschippe, St. Walburg mit der
Sichel und St. Christopherus mit dem grünenden Stab standen einst
hochgeehrt in den vielen Feldkapellen. Leider verschwanden bei
uns diese Volksheiligtümer im Dreißigjährigen Krieg. An ihre Stelle
traten allerdings die Feldkreuze mit ihren mahnenden Inschriften;
so stehen allein auf dem Weg von Schwarzach nach Ulm vier große
Steinkreuze; daß sie früher außergewöhnlich waren, besagt der Ge-
wanname „zum steinernen Kritz".

Reich sind die einsamen Wege und besonders Kreuzwege an Sagen. Auf dem
Malchhurster Weg wurden in einer frühen Kriegszeit Glocken vergraben, die in
den langen Adventsnächten geläutet haben-, einige Männer wollten sie unbe-
schrien heben; als sie bereits soweit waren, rief einer: „jetzt noch e bißl", da
versanken sie und verschwanden und verstummten für immer395). Besonders dramatisch
ist die Scherzheimer Geisterprozession auf dem Weg zur „roten Grube",
wo ehedem eine „rothe bildsaul" stand. — An der großen Weggabelung vor dem
Hursteck sitzen in den Fronnächten drei feurige Mönche von Schwarzach und
müssen wegen ihrer Übertretungen in den Flammen Karten spielen; um ihre Fehler
zu sühnen und ihre Geister zu bannen, wurde an der Stelle ein Steinkreuz errichtet
, dessen steile Silhouette in die dunklen Schatten vom runden Scholen hineinragt
. — Auf dem Kirchweg von Balzhofen nach Vimbuch gehen feurige Männer
um zur Strafe für ihre Mordtaten; an der Stelle, wo diese geschahen, liegen zwei
kleine steinerne „Unglückskreuze" im Gras396).

Die Wege zu schützen und instandzuhalten, war Recht und Pflicht
des Grundherrn. Eine allgemeine Dorfordnung des Schwarzacher
Abtes vom 15. Jahrhundert bestimmte, daß dem Heimburger die
Viermänner zur Seite stehen und die Polizei in Dorf, Feld und Wald

"*) Bader, Ländliches Wegerecht im Mittelalter, Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, Neue

Folge, Band 49, Heft 3.

s,s) Dr. J. Küntzig, Mittelbadische Sagen.

396) B. Baader, Neugesammelte Volkssagen, Baden.

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