Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 244
(PDF, 63 MB)
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„Guldenschreiber und Buchmaler"; außerdem konnten sie Versehgänge
begleiten, wobei vier Freischüler in Überröcken und roten
Kappen Fähnlein trugen und lateinische Hymnen sangen; dafür erhielten
sie jährlich mindestens 20 Schilling. Dann sind in den alten
Schwarzacher und Vimbucher „Seelbüchern" eine große Anzahl von
„Seelambahten'"1") genannt mit gesungenen Vigilien und zwei Ämtern
, die diese Schüler besorgten, wofür jeder 4 Pfennig erhielt. In
gleicher Weise wurden sie vergütet, wenn sie das Amt an den Zunfttagen
sangen, die durch Arbeitsruhe und Kirchgang gefeiert wurden
, so von den Fischern der St.-Peters-Tag, von den Bäckern der
Blasiustag am 3. Februar, von den Zimmerleuten der St.-Josefs-Tag
am 19. März, von den Webern und Walkern der Tag des hl. Jacobus J.
am l.Mai, von den Schneidern der Michaelstag am 29. September,
von den Hirten der Wendelinustag am 20. Oktober, von den Schuhmachern
der Krispinustag am 25. Oktober und von den Hufschmieden
der Eligiustag am 1. Dezember. —

Zur gesunden Erziehung und Entfaltung aller Klosterschüler gehörte auch Licht
und Freude. Ihre Feierstunden begannen schon mit Neujahr, das allerdings
früher mit Weihnachten zusammenfiel: an diesem Tag „komen die schuolaere
vnd singen dem gnedigen herren ein guot jar, wornach inen der koch den tisch
decken sol".— An Epiphanie erstand der Zug aus fernem Osten „mit zwo kunigen
vnd ouch eim moren kunig", was die Veranlassung zum volkstümlichen Drei-
königssingen wurde. — An der Fastnacht sangen die Schüler an den Türen der
einzelnen Konventsherren ihre „Cantilenen", Wechselgesänge voll harmlosem
Scherz, wofür jeder Sänger zwei Oblaten und ein Stück Lebkuchen erhielt. — Am
Palmsonntag zogen alle, die Kleinen und die Großen, als „pueri hebraeorum"
singend durch den Kreuzgang zur Münsterpforte, um daselbst mit dem Konvent
in der Kirche den herrlichen Wechselchoral zu singen. — Am Karsamstag in der
Frühe verbrannten sie auf dem Kirchplatz den „ewigen Juden" und sammelten
darnach mit dem Meßner die Ostereier auch in den umliegenden Orten. — In der
Kreuzwoche, „so man mit crutzen gat", zogen die Schüler mit der öschprozession
nach Ulm, wo sie den Margarethenhymnus sangen und im freien Waldhof mit
einem Fischessen gestärkt wurden. — Am großen Kindertag des hl. Urban am
25. Mai beteiligten sich auch die Klosterschüler; es kamen von Stollhofen und den
anderen Nachbardörfern die Kinder in den festlichen Klosterhof der Abtei, wo
von Maien und Wimpeln umgeben eine St.-Urbans-Statue aufgestellt war; die
Klosterschüler spielten auf ihren Instrumenten und die Kinder zogen in endlosen
Reihen um das Bild und begannen das Lied:

„St. Urbane liber herre — die reben sind gar schwere,
blühet uns korn und win — dann wollen wir fröhlich sin."

Auch der Abt grüßte die Kinder und bewirtete sie mit Brot und Wein; so
wurden 1530 nicht weniger wie 750 Herrenmutschein verteilt. Nochmals ließen sie
sich hören, „die pfifer und urbanisenger sambt der wöhr", dann zog wieder alles
vergnügt durch die Maienfluren nach Hause. — Auf das Patronsfest Peter und
Paul haben die Klosterschüler das Münster mit „mengerlei grüenen strutzen,
meyen, krentzelin unt bluomen" geziert, wofür der Abt ihnen lli Pfund Mutschel

') Schwarzacher Urkunden, Nr. 110.

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