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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 13
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ten, die Knabe und Jüngling meist mit dem Vater, mitunter auch mit
beiden Eltern, später allein unternommen hat, waren die Verwandtenbesuche
an der Tagesordnung, sie gehörten mit zum Bilde dieser
Reisen und Fahrten. Ebenso war des Dichters Karlsruher Vaterhaus
in der Stephanienstraße eine emsige Pflegestätte solchen Verwandtengeistes
. Gäste kamen, Gäste gingen in Gestalt von Onkeln, Tanten,
Vettern und Basen. Auf diese Weise haben sich früh schon Fäden
gesponnen zum Apotheker Karl Heim in Zell am Harmersbach. Durch
seine Heirat mit Johanna Zimmermann von Gengenbach, einer Nichte
von Scheffels Vater, gehörte er dem Scheffeischen Verwandtenkreise
an. Seine Tochter Emma, am 17. Februar 1835 geboren, mithin
neun Jahre jünger als ihr Vetter Joseph, war demnach eine Base
zweiten Grades, „Nachgeschwisterkind", wie man damals sagte. Dem
Kinde ist Scheffel mehrfach in der Zeller Apotheke begegnet, ohne
ihm zunächst sonderliche Beachtung zu schenken.

„Mehr als Kusine" wurde Emma von jenem Augenblicke an, als
sie, eine Sechzehnjährige, in den ersten Oktobertagen des Jahres
1851, aus der Pension im rheinhessischen Kettenheim ins Elternhaus
zurückkehrend, in Josephs Mansardenstube getreten war. Der Dichter
, der sich sonst nur ungern in seiner Arbeit gestört sah, ließ sich
diesmal willig überraschen und unterbrechen. Emma blieb mit ihrer
Mutter einige Tage in der Residenz, und der Vetter, der sonst kein
großer Theater-, vor allem kein Operngänger war, sah sich mit der
Base Webers „Freischütz" sowie Charlotte Birch-Pfeiffers ländliches
Sittengemälde „Dorf und Stadt" im Hoftheater an. Ein Opfer, das er
nicht jeder x-beligen Verwandten gebracht hätte!

Anfang November 1851 zieht es den Dichter nach Zell zu einer
Art „Gegenbesuch". Nur Mutter und Schwester ahnten die tieferen
Gründe. Von Offenburg aus, wo Joseph, bevor er ins Harmersbachtal
weiterfuhr, im Hause seiner Verwandten Gottwald Station machte
, schrieb er einen wenig bekannten, unter der Maske des Humors
die tieferen Empfindungen tarnenden Brief an die Schwester, in dem
er gewissermaßen den Teufel an die Wand malt:

„Liebe Marie!

Mir geht's gut. Ich schreibe Dir aber nicht deshalb, sondern um Dich einstweilen
zu benachrichtigen, daß ich schwerlich schon am Montag heimkomme. Und
auch deswegen nicht, sondern um Dich auf etwas anderes vorzubereiten.

Rücksicht auf die Wünsche meines Vaters — ein Hinblick auf die Verhältnisse
unseres Hauses und auf die Notwendigkeit, die im Konflikt mit den Wünschen
des Herzens die Oberhand davontragen muß — haben in mir einen Entschluß reifen
lassen, der folgenreich für mich selbst sowie für das teure Wesen, dem er hauptsächlich
gilt, sein wird. Deiner schwesterlichen Teilnahme bin ich im Voraus versichert
— sie war mir schon bei so mancher Wendung meines Lebenswegs tröstlich.

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